Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts bei einer „Fahrt ins Blaue“

Sach­ver­halt

Der Klä­ger buchte bei einem Rei­se­büro für elf Per­so­nen eine „Fahrt ins Blaue“ zu einem Preis von ins­ge­samt 2.138 Euro. Die gebuchte Bus­reise samt Hotel­über­nach­tun­gen sollte vom 13. bis 15. März 2020 statt­fin­den. Rei­se­ziel und Rei­se­pro­gramm waren den Teil­neh­mern vor Antritt der Reise nicht bekannt. Zu Beginn der Reise wurde den Rei­sen­den eine Rei­se­pro­gramm aus­ge­hän­digt. Es ging vom Ems­land aus nach Ham­burg. Dort waren eine Muse­ums­aus­füh­rung und eine große Hafen­rund­fahrt geplant. Als Höhe­punkt wurde ein Musical-​​Besuch ange­kün­digt. Am Nach­mit­tag nach Beginn der Fahrt wurde der Gruppe mit­ge­teilt, dass letz­te­rer Pro­gramm­punkt – der Musical-​​Besuch, der den Höhe­punkt der „Fahrt ins Blaue“ dar­stel­len sollte – wegen der Corona-​​Pandemie aus­fal­len müsse. Statt­des­sen wurde kurz­fris­tig eine drei­stün­dige Stadt­rund­fahrt orga­ni­siert.

Wegen man­gel­haf­ter Reise begehrte der Klä­ger für sich und die zehn wei­te­ren Rei­sen­den von der Rei­se­ver­an­stal­te­rin eine Preis­min­de­rung von ins­ge­samt 715 Euro (65 Euro pro Teil­neh­mer).

 

Land­ge­richt Osna­brück bejaht Rei­se­man­gel

Das Amts­ge­richt Lin­gen (Ems) hat die Klage des Klä­gers zunächst abge­wie­sen. Im Beru­fungs­ver­fah­ren (LG Osna­brück) hatte der Klä­ger dage­gen teil­weise Erfolg. Der Rei­se­ver­an­stal­ter wurde zur Zah­lung von 320 Euro ver­pflich­tet. Nach Ansicht des Land­ge­richts stelle der Aus­fall des geplan­ten Musi­cal­be­suchs einen Rei­se­man­gel dar, der zur Min­de­rung von 15% berech­tige. Er sei mit der Durch­füh­rung der Stadt­rund­fahrt nicht beho­ben wor­den. Eine Aus­tausch­bar­keit die­ser Pro­gramm­punkte könne nicht ange­nom­men wer­den, da eine Stadt­rund­fahrt gegen­über einem Musi­cal­be­such nicht gleich­ar­tig sei. Nach Kon­kre­ti­sie­rung der Reise stelle er einen Haupt­pro­gramm­punkt dar. Dage­gen wandte sich der Beklagte im Revi­si­ons­ver­fah­ren beim BGH und unter­lag.

 

Leis­tungs­be­stim­mungs­recht bei Rei­se­an­tritt aus­ge­übt

Der BGH (Urteil vom 14.02.2023 – X ZR 18/​22) stimmte den Aus­füh­run­gen des Land­ge­richts zu. Zwar habe dem Ver­an­stal­ter gemäß § 315 Abs. 1 BGB ein Leis­tungs­be­stim­mungs­recht zuge­stan­den. Durch Aus­hän­di­gung des Rei­se­pro­gramms sei der Leis­tungs­in­halt unwi­der­ruf­lich nach §243 Abs. 1 BGB kon­kre­ti­siert wor­den. Nichts habe dar­auf hin­ge­wie­sen, dass das Pro­gramm vor­läu­fi­gen Cha­rak­ter habe und ein­zelne Punkte noch aus­tausch­bar gewe­sen wären. Dem Urteil zufolge sei der Weg­fall des Musical-​​Besuchs ein Rei­se­man­gel, der eine Min­de­rung des Rei­se­s­prei­ses nach §651m Abs. 2 Satz 1 BGB recht­fer­tige. Eine Stadt­rund­fahrt sei kein gleich­wer­ti­ges Äqui­va­lent zum Musical-​​Besuchs, zumal das Musi­cal vom Rei­se­ver­an­stal­ter aus­drück­lich als Höhe­punkt der Reise bezeich­net wor­den sei.

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