Keine per­sön­li­che Haf­tung eines GmbH Geschäfts­füh­rers für Min­dest­lohn

Muss ein GmbH Geschäfts­füh­rer per­sön­lich dafür haf­ten, wenn sein Arbeit­neh­mer kei­nen Min­dest­lohn erhält? Das BAG ent­schied:

Eine per­sön­li­che Haf­tung eines GmbH Geschäfts­füh­rers für den Scha­dens­er­satz eines nicht gezahl­ten Min­dest­lohns nicht. Das Buß­geld­tat­be­stand des Min­dest­lohn­ge­setz­tes (MiLoG) ist kein Schutz­ge­setz. Daher kann es dem Arbeits­neh­mer gegen­über dem Geschäfts­füh­rer in Ver­bin­dung mit § 823 Abs.2 BGB nicht als Anspruchs­grund­lage die­nen.

Zum Sach­ver­halt

Ein tech­ni­scher Zeich­ner erhielt für 22 geleis­tete Arbeits­tage im Juni 2017 kei­nen Lohn und nahm zwei Geschäfts­füh­rer einer zah­lungs­un­fä­hig gewor­de­nen GmbH hier­für per­sön­lich auf Scha­dens­er­satz in Anspruch. Der infrage ste­hende Scha­dens­er­satz­be­trag belief sich auf die Höhe des gesetz­li­chen Min­dest­lohns von ca. 1.600 EUR. Im Novem­ber 2017 wurde durch das Amts­ge­richt Gera ein Insol­venz­ver­fah­ren über das Unter­neh­mens­ver­mö­gen eröff­net. Das BAG schloss sich der Ent­schei­dung des Arbeits­ge­richts Gera und des Lan­des­ar­beits­ge­richts Thü­rin­gen an: Die bei­den Geschäfts­füh­rer haf­ten dem ehe­ma­li­gen Arbeit­neh­mer gegen­über nicht per­sön­lich zum Scha­dens­er­satz. Ein besteht kein Anspruch aus § 823 Abs.2 BGB in Ver­bin­dung mit § 1 MiLoG.

Keine per­sön­li­che Haf­tung von Geschäfts­füh­rern – MiLoG ist kein Schutz­ge­setz

Grund­sätz­lich haf­tet ein Geschäfts­füh­rer gegen­über Drit­ten, mit­un­ter Gläu­bi­gern, nur in Aus­nah­me­fäl­len. Ihre Haf­tung begrenzt sich im All­ge­mei­nen auf ihr Ver­hält­nis zur Gesell­schaft, aus­ge­hend vom Sorg­falts­maß­stab in § 43 GmbHG. Ins­be­son­dere macht § 43 Abs.2 GmbHG deut­lich, dass die Gesell­schaft selbst Scha­dens­er­satz­an­sprü­che wegen nicht ord­nungs­ge­mä­ßer Geschäfts­füh­rung gegen einen Geschäfts­füh­rer haben kann und nicht außen­ste­hende Dritte.

Die Nicht­zah­lung des Min­dest­loh­nes sei kein Aus­nah­me­fall, der eine Haf­tung gegen­über Drit­ten begründe. Hier­für müsste das MiLoG ein Schutz­ge­setz sein, was nicht der Fall ist. Würde man ein Schutz­ge­setz anneh­men, dann würde bereits ein leicht fahr­läs­si­ger Ver­stoß gegen das MiLoG einen Scha­dens­er­satz­an­spruch eines Arbeits­neh­mers gegen den Geschäfts­füh­rer begrün­den. Auf diese Weise hätte ein Arbeit­neh­mer zusätz­lich zur GmbH als Ver­trags­ar­beits­ge­ber den Geschäfts­füh­rer als wei­te­ren Schuld­ner. Dies würde zu einer Aus­he­be­lung des GmbH Haf­tungs­sys­tems füh­ren, in der es gerade keine all­ge­meine Durch­griffs­haf­tung auf die Geschäfts­füh­rer geben soll, so das BAG. Der Gesetz­ge­ber sieht eine zivil­recht­li­che Haf­tung für die han­deln­den Organe einer GmbH grund­sätz­lich nicht vor.

Anlass­lose Wei­ter­gabe von Kun­den­da­ten an Schufa ist unzu­läs­sig

Eine Klau­sel in den All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen, die Daten­schutz­hin­weise beinhal­tet, die zur anlass­lo­sen Wei­ter­gabe per­so­nen­be­zo­ge­ner Daten an die Schufa oder eine andere Aus­kunf­tei berech­ti­gen, ist laut dem Land­ge­richt Frank­furt am Main unzu­läs­sig.

 

Zum Sach­ver­halt

Die Geschäfts­be­din­gun­gen des Strom­an­bie­ters Eprimo berech­ti­gen sie zur Aus­kunft über die Boni­tät von Kun­den, die an einem Strom­ver­trag inter­es­siert sind. Im Gegen­zug sind sie berech­tigt Kun­den­da­ten von betrü­ge­ri­schem und die ver­trag­li­chen Pflich­ten ver­let­zen­dem Ver­hal­ten an die Schufa und andere Aus­kunf­teien wei­ter­zu­ge­ben.

Die kla­gende Ver­brau­cher­zen­trale Bun­des­ver­band (vzbv) bean­stan­dete jedoch, dass die Klau­sel so weit gefasst war, dass sie Eprimo ebenso dazu berech­tigte der Schufa, aber auch ande­ren Aus­kunf­teien, Kun­den­da­ten zur Durch­füh­rung und Been­di­gung der Geschäfts­be­zie­hun­gen bei ver­trags­ge­mä­ßem Ver­hal­ten wei­ter­zu­ge­ben.

Klau­sel ver­stößt gegen die DS-​​GVO

Das LG gab der vzbv recht: Die Klau­sel, die eine anlass­lose Daten­wei­ter­gabe regelt, ist unzu­läs­sig. Es ist nicht recht­mä­ßig, Daten wei­ter­zu­ge­ben, die in kei­nem Zusam­men­hang mit einer Ver­let­zung von ver­trag­li­chen Pflich­ten ste­hen oder für die Fest­stel­lung der Kun­den­bo­ni­tät nicht erfor­der­lich sind. Die DS-​​GVO schützt per­so­nen­be­zo­gene Daten. Dies soll gewähr­leis­tet wer­den, indem Daten­wei­ter­ga­ben nicht anlass­los erfol­gen dür­fen, son­dern nur aus aner­kann­ten Recht­fer­ti­gungs­grün­den. Die unzu­läs­sige Klau­sel von Eprimo war so weit gefasst, dass quasi alle gesam­mel­ten Daten an die Schufa wei­te­ge­lei­tet wer­den durf­ten, mit­un­ter Anga­ben über den Strom­ver­brauch oder die Ver­trags­lauf­zei­ten. Wei­ter­ge­ge­bene Daten die­ser Art kön­nen den Schutz der Strom­kun­den aus­he­beln. Könnte ein Strom­an­bie­ter Ein­sicht dar­auf neh­men wie oft ein Kunde einen Anbie­ter­wech­sel vor­nehme, könnte dies dazu füh­ren, dass er von einem Ver­trags­schluss absieht.

vzbv kann Daten­ver­stöße gel­tend machen

Als Ver­band zur Gewähr­leis­tung von Ver­brau­cher­in­ter­es­sen ist es dem vzbv gestat­tet auch Daten­ver­stöße gel­tend zu machen. Ver­brau­cher­schutz­ziele gehen mit dem Schutz von per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten von Ver­brau­che­rin­nen und Ver­brau­chern ein­her, so die Klar­stel­lung des LG.

Nebel und Regen begrün­den kein Recht auf Min­de­rung des Rei­se­prei­ses

Der Som­mer­ur­laub ist gebucht und wird vol­ler Erwar­tung auf gutes Wet­ter ange­tre­ten. Doch was ist, wenn am Urlaubs­ort statt­des­sen Nebel und Regen auf den Urlau­ber war­ten? Begrün­det eine unter­las­sene Info des Rei­se­ver­an­stal­ters auf eine zur Rei­se­zeit beste­hende bei­spiels­weise Regen­zeit ein Recht des Urlau­bers auf Min­de­rung des Rei­se­prei­ses? Das Land­ge­richt Frank­furt ver­neinte dies.

Zum Sach­ver­halt

Ein Paar hatte für einen Gesamt­preis von 18.000 Euro eine Pau­schal­reise nach Ecua­dor gebucht. Vor Ort hat­ten sie jedoch Stark­re­gen und Nebel. Die Wet­ter­ver­hält­nisse ver­hin­der­ten wäh­rend einer zwei­tä­ti­gen Durch­que­rung des Ama­zo­nas Aus­bli­cke auf die Tier­welt, die in der Rei­se­an­kün­di­gung ver­spro­chen wur­den. Der als „traum­haft schöne Kra­ter­see“ bewor­bene See war eben­falls durch den Nebel nicht als sol­cher wahr­zu­neh­men. Nach Been­di­gung der Reise ver­langte das Paar des­halb eine Min­de­rung des Rei­se­prei­ses von ca. 6.000 Euro.

Keine Min­de­rung des Rei­se­prei­ses

Laut dem Land­ge­richt Frank­furt ist es für einen Urlau­ber durch eine Inter­net­re­cher­che sehr leicht her­aus­zu­fin­den, wie die Wet­ter­be­din­gun­gen am Rei­se­ziel zur geplan­ten Rei­se­zeit sind. Daher besteht keine Infor­ma­ti­ons­pflicht durch den Rei­se­ver­an­stal­ter. Ebenso sind die Wet­ter­be­din­gun­gen kein Leis­tungs­be­stand­teil der erfolg­ten Buchung, wes­halb ein Anspruch auf Min­de­rung des Rei­se­prei­ses nicht dar­über begrün­det wer­den kann, dass eine ver­spro­chene Leis­tung nicht erbracht wurde.

Nur Zah­lun­gen für aus­ge­fal­lene Aus­flüge

Das Land­ge­richt sprach dem Paar jedoch einen Betrag von 800 Euro für nicht statt­ge­fun­dene Aus­flüge zu. Dies beinhal­tete die Min­de­rung der Tages­rei­se­preise für den wet­ter­be­dingt nicht statt­ge­fun­de­nen Besuch einer Fle­der­maus­höhle, für die unter­blie­bene Warm­was­ser­ver­sor­gung in einem Hotel, für die Lärm­be­läs­ti­gung auf einem Kata­ma­ran und für einen unter­blie­be­nen Tages­aus­flug. Im Unter­schied zur ver­lang­ten gene­rel­len Rei­se­preis­min­de­rung auf­grund der Wet­ter­ver­hält­nisse han­delte es sich bei den aus­ge­fal­le­nen Aus­flü­gen um ver­spro­chene Leis­tun­gen, die im Rei­se­preis beinhal­tet waren. Der Rei­se­ver­an­stal­ter muss hier­für eine Redu­zie­rung der ange­fal­le­nen Zah­lun­gen hin­neh­men.

Darf ein Betriebs­rats­vor­sit­zen­der zugleich Daten­schutz­be­auf­trag­ter sein?

Ist es einem Betriebs­rats­vor­sit­zen­den gestat­tet neben sei­nem Amt ebenso für den Daten­schutz des Unter­neh­mens beauf­tragt zu sein? Das Bun­des­ar­beits­ge­richt ent­schied, dass die Aus­übung bei­der Ämter einen Inter­es­sens­kon­flikt her­vor­ruft, wes­halb sie nicht mit­ein­an­der ver­ein­bar sind.

Zum Sach­ver­halt

Der Klä­ger wurde als Vor­sit­zen­der des Betriebs­rats zum 01.06.2015 von sei­nem Arbeit­ge­ber, dem Beklag­ten, zum Daten­schutz­be­auf­trag­ten bestellt. Nach Kennt­nis­er­lan­gung des Thü­rin­ger Lan­des­be­auf­trag­ten für Daten­schutz und Infor­ma­ti­ons­frei­heit wurde der Beklagte dazu ver­an­lasst das Amt des Klä­gers als Daten­schutz­be­auf­trag­ten zum 01.12.2017 zu wider­ru­fen. Seine Funk­tion als Betriebs­rats­vor­sit­zen­der sei nicht mit dem Amt des Daten­schutz­be­auf­trag­ten kom­pa­ti­bel. Mit einem Schrei­ben vom 25.05.2018 wurde der Klä­ger gemäß Art.38 Abs.3 Satz 2 DS-​​GVO (Datenschutz-​​Grundverordnung) abbe­ru­fen.

Vor­in­stan­zen: Betriebs­rats­vor­sit­zen­der kann gleich­zei­tig auch Daten­schutz­be­auf­trag­ter sein

Der Klä­ger reichte Klage gegen die Abbe­ru­fung als Daten­schutz­be­auf­trag­ter ein. Der Beklagte führte an, dass beide Ämter nicht mit­ein­an­der kom­pa­ti­bel seien. Ein Inter­es­sens­kon­flikt sei zu erwar­ten, der einen wich­ti­gen Grund für einen recht­mä­ßi­gen Wider­ruf des Amtes als Daten­schutz­be­auf­trag­ten des Klä­gers dar­stelle. Die Vor­in­stan­zen stell­ten kei­nen wich­ti­gen Grund für eine Abbe­ru­fung fest. Der Klä­ger könne als Betriebs­rats­vor­sit­zen­der ebenso für den Daten­schutz im Unter­neh­men beauf­tragt sein. Hier­ge­gen legte der Arbeit­ge­ber Revi­sion ein.

Klä­ger legt Revi­sion ein – BAG: Wider­ruf war recht­mä­ßig

Die Revi­sion des Beklag­ten vor dem Bun­des­ar­beits­ge­richt hatte Erfolg. Für einen recht­mä­ßi­gen Wider­ruf des Amtes als Daten­schutz­be­auf­trag­ten stellte das BAG den erfor­der­li­chen wich­ti­gen Grund gemäß §4f Absatz 3 Satz 4 BDSG (Bun­des­da­ten­schutz­ge­setz) a.F. in Ver­bin­dung mit §626 Absatz 1 BGB fest. Der zum Daten­schutz Beauf­tragte muss in sei­ner Funk­tion über die erfor­der­li­che Fach­kunde und Zuver­läs­sig­keit ver­fü­gen. Mit einem par­al­le­len Amt als Betriebs­rats­vor­sit­zen­den im glei­chen Unter­neh­men wird ein Amt besetzt, in der auch Zweck und Mit­tel der Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Daten fest­ge­legt wer­den, wes­halb ein Inter­es­sens­kon­flikt mit der Funk­tion als Daten­schutz­be­auf­trag­ten ent­steht. Die dadurch nicht mehr gewähr­leis­tete Zuver­läs­sig­keit des Daten­schutz­be­auf­trag­ten recht­fer­tigt des­sen Abbe­ru­fung. Laut dem BAG bestand die­ser Inter­es­sens­kon­flikt auch vor der Novel­lie­rung des Daten­schutz­rechts, denn sie ent­sprach auch der vor­he­ri­gen Rechts­lage.

Inter­es­sens­kol­li­sion ver­hin­dert die erfor­der­li­che Zuver­läs­sig­keit

Der Betriebs­rat ist nicht berech­tigt jeg­li­che per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten im Unter­neh­men zu erhe­ben, son­dern nur dann wenn das Betriebs­ver­fas­sungs­ge­setz den Zweck der Daten­er­he­bung vor­sieht. Durch Gre­mi­ums­be­schlüsse legt der Betriebs­rat fest für wel­che Zwe­cke und Mit­tel er per­so­nen­be­zo­gene Daten vom Arbeit­ge­ber zur Erfül­lung ihrer gesetz­li­chen Auf­ga­ben ein­for­dern und ver­ar­bei­ten darf. Ein Betriebs­rats­vor­sit­zen­der als Ver­tre­ter des Betriebs­ra­tes und damit auch des­sen gefass­ter Beschlüsse steht zum Amt des Daten­schutz­be­auf­trag­ten im Inter­es­sens­kon­flikt. Die Begren­zung der Dateneinsicht/​-​​verarbeitung als Betriebs­rats­mit­glied wird durch ein par­al­le­les Amt als Daten­schutz­be­auf­trag­ten auf­ge­ho­ben. Die Zuver­läs­sig­keit i.S.d. §4f Absatz 2 Satz 1 BDSG a.F. die der Daten­schutz­be­auf­tragte inne­ha­ben sollte ist auf diese Weise nicht mehr gewähr­leis­tet, so die Argu­men­ta­tion des BAG.

Fik­tive Scha­dens­be­rech­nung im Miet­recht

Ist es einem Ver­mie­ter gestat­tet, von sei­nem Mie­ter nach Been­di­gung des Miet­ver­hält­nis­ses fik­tive, d.h. geschätzte Kos­ten für die Besei­ti­gung von Schä­den am Miet­ob­jekt und für unter­las­sene Schön­heits­re­pa­ra­tu­ren, als auch für Rück­bau­ten erstat­tet zu erhal­ten?

Rege­lung im Bau– und Werk­ver­trags­recht

Der VII. Senat lehnte im Bau– und Werk­ver­trags­recht die Erstat­tung von fik­tiv berech­ne­ten Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten ab. Einer fik­ti­ven Scha­dens­be­rech­nung läge kein Ver­mö­gens­scha­den zugrunde, die für eine Gel­tend­ma­chung erfor­der­lich sei. Ebenso bestehe bei einer Kom­pen­sa­tion von geschätz­ten Kos­ten die Gefahr einer Über­kom­pen­sa­tion und damit einer unge­recht­fer­tig­ten Berei­che­rung des Bestel­lers. Doch ist diese Recht­spre­chung ebenso auf das Miet­recht anwend­bar?

Zum Sach­ver­halt

Der kla­gende Ver­mie­ter ver­langte vom beklag­ten Mie­ter die Erstat­tung eines von ihm ein­ge­hol­ten Kos­ten­vor­schus­ses über 8.425 EUR für geplante Schön­heits­re­pa­ra­tu­ren, als auch Scha­dens­er­satz in Höhe von 881 EUR. Die Beträge setz­ten sich wie folgt zusam­men: Die Beklagte hatte die Woh­nung nach Ende des Miet­ver­tra­ges 2 Tage zu spät her­aus­ge­ge­ben. Der Auf­for­de­rung Schön­heits­re­pa­ra­tu­ren wie bei­spiels­weise die Erneue­rung der Wand­flie­sen in der Küche durch­zu­füh­ren kam die Beklagte nicht nach, wor­auf­hin der Klä­ger einen Kos­ten­vor­an­schlag für einige Schön­heits­re­pa­ra­tu­ren ein­holte. Einige Repa­ra­tu­ren führte er zum Teil selbst aus. Die Kos­ten ver­langte er von der Mie­te­rin zu erstat­ten.

AG und LG leh­nen Ansprü­che ab

Das AG Lüden­scheid, als auch das LG Hagen lehn­ten einen Anspruch des Klä­gers ab. Es gebe kei­nen Anspruch im Miet­recht aus dem der Kos­ten­vor­schuss­an­spruch von 8.425 EUR gel­tend gemacht wer­den kann. Ebenso gebe es kei­nen Anspruch auf Gel­tend­ma­chung des Scha­dens­er­sat­zes in Höhe von 881 EUR. Die Recht­spre­chung aus dem Bau– und Werk­ver­trags­recht sei daher auf das Miet­recht über­trag­bar.

Laut BGH: Fik­tive Berech­nung ist mög­lich

Der VIII. Zivil­se­nat prüfte, ob ein Ver­mie­ter geschätzte und vor­aus­sicht­lich anfal­lende Kos­ten erstat­tet ver­lan­gen darf. Das Urteil des LG wurde auf­ge­ho­ben: Eine Fik­tive Scha­dens­be­rech­nung ist im Miet­recht zuläs­sig. Eine Gefahr der Über­kom­pen­sa­tion und damit einer unge­recht­fer­tig­ten Berei­che­rung besteht im Miet­recht nicht, da dem Geschä­dig­ten nur die Erstat­tung der zur Erfül­lung der Leis­tungs­pflicht erfor­der­li­chen Kos­ten gestat­tet ist. Ebenso gewährt der Grund­satz von Treu und Glau­ben eine Inhalts­be­gren­zung, die eine Über­kom­pen­sa­tion ver­hin­dert.

Arbeit­neh­mer muss Pro­vi­sion für Per­so­nal­ver­mitt­lung nicht erstat­ten

Hin­ter­grund

Ein Head­hun­ter ist eine Per­son oder ein Unter­neh­men, das im Auf­trag von Unter­neh­men nach qua­li­fi­zier­ten Fach– und Füh­rungs­kräf­ten für bestimmte Posi­tio­nen sucht. Hier­für erhal­ten sie eine Pro­vi­sion für jede erfolg­rei­che Ver­mitt­lung von Arbeit­neh­mer an Arbeit­ge­ber. Gezahlt wird diese nor­ma­ler­weise durch den Arbeit­ge­ber – in der Aus­sicht, dass der Arbeit­neh­mer län­ger bleibt.

 

Sach­ver­halt

Nach­dem ein Head­hun­ter erfolg­reich ver­mit­telt hat, schlos­sen Arbeit­ge­ber und Arbeit­neh­mer Ende März 2021 einen Arbeits­ver­trag, auf des­sen Grund­lage der kla­gende Arbeit­neh­mer ab dem 01.05.2021 bei der beklag­ten Arbeit­ge­be­rin tätig wurde. Für die Ver­mitt­lung erhielt der Head­hun­ter rund 4.500 Euro. In dem Arbeits­ver­trag hielt der Arbeit­ge­ber fest, dass er einen Teil der gezahl­ten Ver­mitt­ler­pro­vi­sion vom Arbeit­neh­mer zurück­ver­lan­gen könne, sofern das Arbeits­ver­hält­nis nicht über den 30.06.2022 (d.h. nicht über 14 Monate) hin­aus fort­be­ste­hen sollte. Bereits nach zwei Monate hatte der Arbeit­neh­mer den Arbeits­ver­trag frist­ge­recht gekün­digt. Anschlie­ßend behielt die Beklagte hin­sicht­lich der „geschul­de­ten“ Pro­vi­si­ons­er­stat­tung einen Teil­be­trag von 800 Euro vom Gehalt des Arbeit­neh­mers ein. Hier­ge­gen klagte der Arbeit­neh­mer und for­derte die Zah­lung des ein­be­hal­te­nen Ver­gü­tungs­be­trags. Er behaup­tete, die Erstat­tungs­re­ge­lung sei unwirk­sam, weil sie ihn unan­ge­mes­sen benach­tei­ligte. Die Beklagte hin­ge­gen wand ein berech­tig­tes Inter­esse an der Pro­vi­sion ein.

Abwäl­zung ver­stößt gegen Treu und Glau­ben

Das Bun­des­ar­beits­ge­richt stimmte der Ansicht des Arbeit­neh­mers zu (BAG, Urteil vom 20.06.2023 – 1 AZR 265/​22). Nach Auf­fas­sung der Rich­ter in Erfurt benach­tei­lige die Pro­vi­si­ons­re­ge­lung den Klä­ger ent­ge­gen den Gebo­ten von Treu und Glau­ben unan­ge­mes­sen und sei daher nach §307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirk­sam. Der Klä­ger werde hier­durch in sei­nem von Art. 12 Abs. 1 Satz 1 Grund­ge­setz garan­tier­ten Recht auf freie Wahl des Arbeits­plat­zes beein­träch­tigt, ohne dass dies durch begrün­de­tes Inter­es­sen der Beklag­ten gerecht­fer­tigt wäre. Der Arbeit­ge­ber habe grund­sätz­lich das unter­neh­me­ri­sche Risiko dafür zu tra­gen, dass sich von ihm getä­tigte finan­zi­elle Auf­wen­dun­gen für die Per­so­nal­be­schaf­fung nicht „loh­nen“, weil der Arbeit­neh­mer sein Arbeits­ver­hält­nis in recht­lich zuläs­si­ger Weise beende. Es bestehe des­halb kein bil­li­gens­wer­tes Inter­esse der Beklag­ten, sol­che Kos­ten auf den Klä­ger zu über­tra­gen. Der Klä­ger erhalte auch kei­nen Vor­teil, der die Beein­träch­ti­gung sei­ner Arbeits­platz­wahl aus­glei­chen könnte.

 

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Gibt es eine Hal­ter­haf­tung beim E-​​Scooter?

Sach­ver­halt:

E-​​Scooter sind prak­tisch, schnell und – umstrit­ten. Wäh­rend sie ins­be­son­dere in der jün­ge­ren Alters­gruppe auf all­ge­meine Beliebt­heit sto­ßen, ste­hen ihnen gerade ältere Men­schen kri­tisch gegen­über. Gründe sind unter ande­rem, dass sie den öffent­li­chen Raum blo­ckie­ren, dass man­che Fah­re­rin­nen und Fah­rer ver­bo­te­ner­weise auf dem Geh­weg unter­wegs sind oder das sorg­lose Par­ken auf Geh­we­gen. Zumin­dest letz­te­res könnte sich in Zukunft ändern. Wird ein E-​​Scooter auf dem Geh­weg so abge­stellt, dass er andere Ver­kehrs­teil­neh­mer behin­dert und gefähr­det, liegt ein buß­geld­be­währ­ter Ver­stoß gegen das all­ge­meine Rück­sicht­nah­me­ge­bot vor. Zwar wird vor Erlass des Buß­geld­be­scheids der Ver­mie­ter des Scoo­ters zur Per­son des Fahr­zeug­füh­rers ange­hört, kann er jedoch keine Anga­ben zur Per­son machen, erhält er den Hal­ter­kos­ten­be­scheid. Schließ­lich seien E-​​Scooter –Ver­mie­ter letzt­end­lich auch Hal­ter eines Kraft­fahr­zeugs. Es kann ange­nom­men wer­den, dass zukünf­tig die Daten der Fah­rer bei jeder Fahrt im Sys­tem des Scooter-​​Vermieters hin­ter­legt wer­den, sodass im Falle eines Buß­geld­be­scheids der Fah­rer ermit­telt wer­den kann. Dies dürfte das sorg­lose Par­ken auf den Geh­we­gen ein­däm­men.

Amts­ge­richt Hamburg-​​Altona, Beschluss vom 23.01.2023 – 327b OWi 1/​23

Aus­gleichs­zah­lung bei Flug­ver­spä­tung auch für Start oder Lan­dung nicht in der EU

Nach dem Abitur haben viele Abitu­ri­en­tin­nen und Abitu­ri­en­ten den Wunsch zu rei­sen. Man­che wol­len in einem Work and Tra­vel Jahr in Neu­see­land Schafe sche­ren, andere wie­derum unter­stüt­zen soziale Pro­jekte in Süd­ame­rika. Ob Neu­see­land, Aus­tra­lien oder Peru – ohne Anschluss­flug erreicht man diese Ziele nicht. In einem neu ergan­ge­nen Urteil des Bun­des­ge­richts­hofs vom 09.05.2023 (Akten­zei­chen: X ZR 15/​20) hat die­ses die Flug­gast­rechte bei ver­spä­te­ten Anschluss­flü­gen gestärkt.

Sach­ver­halt – Vier Stun­den Ver­spä­tung in Kan­sas City

Eine Frau buchte über ein Rei­se­büro für den 25. Juli 2018 einen Flug mit der Flug­ge­sell­schaft Swiss von Stutt­gart nach Zürich und Flüge mit der Beklag­ten von Zürich nach Phil­adel­phia und von Phil­adel­phia nach Kan­sas City. Der erste und zweite Flug wurde plan­mä­ßig durch­ge­führt. Auf der letz­ten Teil­stre­cke star­tete der Flug ver­spä­tet. Die Frau erreichte Kan­sas City mit einer Ver­spä­tung von mehr als vier Stun­den. Anschlie­ßend for­derte sie Aus­gleichs­zah­lun­gen in Höhe von 600,00  Euro. Gestützt hat sie sich auf Art. 5 Abs. 1 lit. c in Ver­bin­dung mit Art. 7 Abs. 1 lit. c der EU– Flug­gast­rech­te­ver­ord­nung. Sowohl das Amts­ge­richt Nür­tin­gen als auch das Land­ge­richt Stutt­gart lehn­ten dies ab und begrün­de­ten das mit der Nicht­an­wend­bar­keit der Ver­ord­nung.

Buchung der drei Teil­flüge als Gesamt­heit

Der Bun­des­ge­richts­hof zog den Euro­päi­schen Gerichts­hof zurate und ent­schied nun nach des­sen Vor­ab­ent­schei­dung, die Ver­ord­nung für anwend­bar. Nach der Recht­spre­chung der Euro­päi­schen Union sei die Anwend­bar­keit der Flug­gast­rech­te­ver­ord­nung bei einem Flug mit direk­ten Anschluss­flüge unter Berück­sich­ti­gung des ers­ten Abflug­or­tes und des End­ziels zu beur­tei­len, wenn der Flug als eine Gesamt­heit anzu­se­hen sei. Das Rei­se­büro habe eine Rech­nung zu einem „Ver­mitt­lungs­auf­trag“ erteilt, die für die hier inter­es­sie­ren­den Flüge sowie für den Rück­flug einen ein­heit­li­chen „Teil­neh­mer­preis“ aus­weise. Aus der Rech­nung ergebe sich fer­ner, dass das Rei­se­büro für die Flüge ein ein­heit­li­ches Ticket aus­ge­ge­ben habe, des­sen Num­mern auch auf den Board­kar­ten für die drei inter­es­sie­ren­den Flüge wie­der­ge­ge­ben sei. Vor die­sem Hin­ter­grund hat der BGH abge­lei­tet, dass die drei Teil­flüge als Gesamt­heit mit Abflug­ort in Deutsch­land zu betrach­ten seien. Dem­nach stehe ihr eine Aus­gleichs­zah­lung in Höhe von 600 Euro zu.

Fazit

Wer eine mit Umstie­gen ver­bun­dene Flug­reise in einem EU-​​Land star­tet, hat bei Ver­spä­tung auch dann Anspruch auf eine Aus­gleichs­zah­lung, wenn diese erst bei einem spä­te­ren Teil­flug jen­seits der EU auf­tritt. Dabei spielt es keine Rolle, ob direkte Anschluss­flüge von unter­schied­li­chen, nicht durch eine beson­dere recht­li­che Bezie­hung mit­ein­an­der ver­bun­de­nen Air­lines durch­ge­führt wer­den.

 

Sie haben Fra­gen zu dem Thema oder sind selbst von einer Flug­ver­spä­tung oder Annul­lie­rung betrof­fen? Unsere erfah­re­nen und kom­pe­ten­ten Rechts­an­wäl­tin­nen und Rechts­an­wälte im Bereich Ver­kehrs­recht bera­ten und unter­stüt­zen Sie gerne. Mel­den Sie sich bei uns und ver­ein­ba­ren Sie einen Ter­min.

 

Mit­tei­lungs­pflich­ten beim vor­be­rei­ten­den straf­recht­li­chen Deal

Sach­ver­halt – Nach Ver­stän­di­gungs­ge­sprä­chen Ver­fah­ren aus­ge­setzt

Zwei mut­maß­li­che Täter wur­den wegen Steu­er­hin­ter­zie­hung (in 20 Fäl­len) und Vor­ent­hal­ten sowie Ver­un­treu­ens von Arbeits­ent­gelt (in 24 Fäl­len) ange­klagt. Außer­halb des Haupt­ver­fah­rens über­leg­ten die Ver­fah­rens­be­tei­lig­ten, ob man sich ver­stän­di­gen könne. Über den Inhalt des Gesprächs erstellte der Vor­sit­zende der Straf­kam­mer einen Ver­merk. In der Haupt­ver­hand­lung schlug das Land­ge­richt am ers­ten Ver­hand­lungs­tag eine Ver­fah­rens­ab­spra­che vor, wonach gegen ein Geständ­nis der Ange­klag­ten Stra­fen im bewäh­rungs­fä­hi­gen Bereich zu erwar­ten seien (sog. „Deal“). Nach ord­nungs­ge­mä­ßer Beleh­rung wurde die Ver­hand­lung ver­tagt, um den Ver­fah­rens­be­tei­lig­ten Bedenk­zeit zu geben. Wegen Erkran­kung des Vor­sit­zen­den Rich­ters musste das Ver­fah­ren aus­ge­setzt wer­den. Der neue Vor­sit­zende erklärte in der Haupt­ver­hand­lung, es habe keine Ver­stän­di­gung gege­ben und – falls es frü­her Ver­stän­di­gungs­ge­sprä­che gege­ben habe – bestehe für die Betei­lig­ten keine Bin­dungs­wir­kung. Inhalt der Ver­stän­di­gungs­ge­sprä­che trug der Vor­sit­zende nicht vor. Anschlie­ßend wur­den die Ange­klag­ten zu einer Gesamt­frei­heits­strafe ver­ur­teilt und die Ein­zie­hung von rund 96.000€ ange­ord­net. Hier­ge­ge­ben erho­ben die zwei Ver­ur­teil­ten Revi­sion vor dem BGH unter Beru­fung auf Ver­let­zung der Mit­tei­lungs­pflicht (Beschluss vom 4.04.2023 – 1 StR 455/​22).

 

Hin­weis:

Ver­stän­di­gungs­ge­sprä­che im Straf­ver­fah­ren sind Ver­hand­lun­gen zwi­schen der Staats­an­walt­schaft, dem Gericht und dem Ange­klag­ten (oder sei­nem Ver­tei­di­ger) um eine mög­li­che Eini­gung in einem Straf­ver­fah­ren zu erzie­len. Sie die­nen dem Zweck, das Ver­fah­ren zu beschleu­ni­gen, Kos­ten zu redu­zie­ren und eine gericht­li­che Ent­schei­dung zu ver­mei­den. Wäh­rend sol­cher Ver­stän­di­gungs­ge­sprä­che kön­nen ver­schie­dene Aspekte des Ver­fah­rens ver­han­delt wer­den, wie bei­spiel­haft die Frage nach der Schuld des Ange­klag­ten oder die Höhe der Strafe. In der Regel geht es darum, eine Ver­ein­ba­rung zu tref­fen, bei der der Ange­klagte im Gegen­zug für ein Geständ­nis oder ande­rer Zuge­ständ­nisse eine mil­dere Strafe erhält.

Eine Ver­fah­rens­be­an­stan­dung der Ver­let­zung der Mit­tei­lungs­pflicht bezieht sich auf den Vor­wurf, dass im Rah­men eines gericht­li­chen Ver­fah­rens eine Mit­tei­lungs­pflicht ver­letzt wurde. Wenn eine Par­tei (hier: die Ange­klag­ten) der Ansicht ist, dass eine sol­che Mit­tei­lungs­pflicht nicht erfüllt wurde, kann sie eine Ver­fah­rens­be­an­stan­dung erhe­ben. Das bedeu­tet, dass die Par­tei das Gericht dar­auf auf­merk­sam macht, dass sie der Mei­nung ist, dass ihre Rechte ver­letzt wur­den, weil ihr bestimmte Infor­ma­tio­nen (z.B. eine Eini­gung zwi­schen Ange­klag­ten und Staats­an­walt­schaft) nicht recht­zei­tig oder gar nicht mit­ge­teilt wur­den.

Ver­let­zung der Mit­tei­lungs­pflicht

Das Gericht gab die Revi­sion statt. Indem der (neue) Vor­sit­zende den Inhalt der Ver­stän­di­gungs­ge­sprä­che in der Haupt­ver­hand­lung nicht mit­ge­teilt habe, habe er gegen die Mit­tei­lungs­pflicht ver­sto­ßen. Ein Hin­weis auf frü­here Gesprä­che genüge nicht, auch wenn das Ver­fah­ren aus­ge­setzt war. Sinn und Zweck der Mit­tei­lungs­pflicht sei es, die Ange­klag­ten und die Öffent­lich­keit von allen ver­stän­di­gungs­be­zo­ge­nen Erör­te­run­gen zu infor­mie­ren. Die­ser Sinn und Zweck könne nicht von der Beset­zung des Gerichts abhän­gig gemacht wer­den.

Revi­sion gegen Ein­zie­hungs­ent­schei­dung unbe­grün­det

Die Revi­sion der Ein­zie­hungs­be­tei­lig­ten hat der BGH als unbe­grün­det zurück­ge­wie­sen. Die Ver­fah­rensrüge richte sich aus­schließ­lich gegen das Zustan­de­kom­men der Schuld­sprü­che gegen­über den Ange­klag­ten und könne nicht Teil von Ver­fah­rens­ab­spra­chen sein.

 

Hin­weis:

Eine Ein­zie­hungs­ent­schei­dung ist eine gericht­li­che Anord­nung, bei der Ver­mö­gens­werte oder Gegen­stände, die im Zusam­men­hang mit einer Straf­tat erlangt wur­den (z.B. Dieb­stahl oder Steu­er­hin­ter­zie­hung) ein­ge­zo­gen wer­den. Die Ein­zie­hung dient dazu, unrecht­mä­ßig erlang­tes Ver­mö­gen oder Gegen­stände dem Täter zu ent­zie­hen und sie für staat­li­che Zwe­cke zu nut­zen oder zu ver­wer­ten. Die Ein­zie­hung von Ver­mö­gens­wer­ten dient ver­schie­de­nen Zwe­cken, wie bei­spiels­weise der Ent­schä­di­gung von Opfern, der Abschre­ckung von Straf­ta­ten und der Ver­hin­de­rung der Wie­der­ho­lung straf­ba­rer Hand­lun­gen.

 

Die Ent­schei­dung wird an das Gericht zurück­ver­wie­sen. Die­ses muss sich an den Inhalt des vor­an­ge­gan­ge­nen Ver­stän­di­gungs­ge­sprächs hal­ten. Dem­zu­folge haben die Ange­klag­ten keine Frei­heits­strafe, son­dern eine Straf­aus­set­zung auf Bewäh­rung zu erwar­ten. Die rund 96.000 Euro wer­den den­noch ein­ge­zo­gen.

Datums­ver­merk als zwin­gende Vor­aus­set­zung einer Zustel­lung

Sach­ver­halt:

Ein Strom­ver­sor­ger klagte gegen einen Kun­den auf Erstat­tung von Strom­kos­ten. Der Beklagte wurde im Zuge eines Ver­säum­nis­ur­teils im schrift­li­chen Vor­ver­fah­ren antrags­ge­mäß ver­ur­teilt. Zuge­stellt wurde dem Beklag­ten das Urteil am 7.10.2021 durch Ein­le­gen in den zur Woh­nung gehö­ren­den Brief­kas­ten. Am 22.10.2021 (d.h. 15 Tage spä­ter) erhob der Beklagte Ein­spruch gegen das Urteil. Auf Hin­wei­sung der zwei­wö­chi­gen Ein­spruchs­frist (i.d.R. 14 Tage), behaup­tete der Beklagte, den Brief erst am 8.10.2021 aus dem Brief­kas­ten ent­nom­men zu haben. Auf dem Umschlag sei das Zustel­lungs­da­tum nicht ver­merkt gewe­sen, so der Beklage.

BGH wider­spricht dem Amts– und Land­ge­richt

Ent­ge­gen der Ansicht des Amts­ge­richts und des Land­ge­richts ent­schied der VIII. Zivil­se­nat des BGH (Urteil vom 15.03.2023 – VIII ZR 99/​22), dass ein Ver­merk des Datums der Zustel­lung auf den Umschlag eine zwin­gende Ver­pflich­tung des Zustel­lers sei. Dem­nach führe der feh­lende Ver­merk über das Zustel­lungs­da­tum auf dem Umschlag zur Unwirk­sam­keit der Zustel­lung. Den Klä­ger treffe die Dar­le­gungs– und Beweis­last für eine noch am 7.10.2021 erfolgte tat­säch­li­che Kennt­nis­nahme des Beklag­ten. Kann der kla­gende Strom­ver­sor­ger bewei­sen, dass auf dem Brief­um­schlag das Datum ver­merkt war, ist der Ein­spruch des Beklag­ten ver­fris­tet und folg­lich unzu­läs­sig. Kann der Klä­ger hin­ge­gen den Datums­ver­merk nicht bewei­sen, ist der Ein­spruch nicht ver­fris­tet und dem­zu­folge zuläs­sig. Nichts­des­to­trotz kann der Ein­spruch unbe­grün­det sein mit der Folge, dass der Beklagte den­noch zur Zah­lung der Strom­kos­ten ver­ur­teilt wird.

 

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