Ver­kehrs­recht: Grund­sätze zum Werk­statt­ri­siko gel­ten auch für Unfall-​​Sachverständigen

Nach einem Auto­un­fall ist der Ärger auch bei einem rei­nen Blech­scha­den groß. Geschä­digte kön­nen die auf sie zukom­men­den Kos­ten schwer ein­schät­zen. Dies gilt sowohl für die Kos­ten der Werk­statt, als auch für die Kos­ten des Sach­ver­stän­di­gen. Der BGH ent­schied, dass die Rege­lun­gen in Bezug auf das Werk­statt­ri­siko auch für den Sach­ver­stän­di­gen gel­ten sol­len.

 

Sach­ver­halt

Bei einem Unfall wurde ein Auto beschä­digt, für den eine volle Haf­tung durch die Haft­pflicht­ver­si­che­rung des Schä­di­gers bestand. Der Geschä­digte gab eine Begut­ach­tung durch einen Sach­ver­stän­di­gen in Auf­trag. Die­ser sollte seine ent­stan­de­nen Kos­ten aus dem vom Geschä­dig­ten abge­tre­te­nen Anspruch gegen die Haft­pflicht­ver­si­che­rung des Schä­di­gers decken. Dies erfolgte auch, aus­ge­nom­men von der Rech­nungs­po­si­tion „Zuschlag Schutz­maß­nahme Corona“. Die Sach­ver­stän­dige hatte hier­für 20 Euro für coro­nabe­dingt ein­ge­setzte Hygie­ne­ar­ti­kel wie Des­in­fek­ti­ons­mit­tel, Ein­weg­rei­ni­gungs­tü­cher und Ein­mal­hand­schuhe ver­an­schlagt.

Die Gut­ach­te­rin klagte auf Zah­lung. Das LG gab der Ver­si­che­rung recht: Es sei unzu­läs­sig für coro­nabe­dingt ein­ge­setzte Hygie­ne­ar­ti­kel zusätz­li­che Kos­ten zu berech­nen. Die Revi­sion der Gut­ach­te­rin war jedoch erfolg­reich: Die Ent­schei­dung des Beru­fungs­ge­richts wurde durch den BGH auf­ge­ho­ben und zur erneu­ten Ver­hand­lung zurück­ver­wie­sen. Laut dem BGH habe die Haft­pflicht­ver­si­che­rung nach der Abtre­tung des Anspruchs des Geschä­dig­ten gegen die Ver­si­che­rung an die Gut­ach­te­rin alle Gut­ach­ter­kos­ten decken müs­sen.

 

Geschä­dig­ter haf­tet nicht für über­höhte Gut­ach­ter­kos­ten

Der Geschä­digte muss alle anfal­len­den Kos­ten durch den Schä­di­ger bzw. sei­ner Haft­pflicht­ver­si­che­rung ersetzt bekom­men. Die Grund­sätze des Werk­statt­ri­si­kos sol­len auch für das Sach­ver­stän­di­gen­ri­siko gel­ten. Kos­ten, die die Werk­statt in Rech­nung stellt, aber auch für die Gut­ach­ter­kos­ten und auch sol­che Rech­nungs­po­si­tio­nen, die auf­grund von Mate­rial oder Arbeits­zeit über­höht erschei­nen, soll der Geschä­digte erstat­tet bekom­men, wenn ihm kein Ver­schul­den zulas­ten fällt. Der Erstat­tungs­fä­hig­keit der Kos­ten des Geschä­dig­ten gegen­über dem Schä­di­ger sol­len über­höhte Mate­rial– oder Arbeits­zeit­kos­ten, aber auch für nicht ange­mes­sene oder für eine unwirt­schaft­li­che Arbeits­weise anfal­lende Kos­ten nicht ent­ge­gen­ste­hen. Dies gelte ebenso für Rech­nungs­po­si­tio­nen für Maß­nah­men, die nicht erfol­gen.

Damit jedoch der Geschä­digte kei­nen Vor­teil erzielt, ist er ange­hal­ten, sei­nen gege­be­nen­falls vor­han­de­nen Anspruch gegen den Sach­ver­stän­di­gen an den Schä­di­ger abzu­tre­ten. Ist eine sol­che Abtre­tung erfolgt, ist es dem Sach­ver­stän­di­gen als Zes­sio­nar nicht gestat­tet sich auf das Sach­ver­stän­di­gen­ri­siko beru­fen. Dass der Geschä­digte das Sach­ver­stän­di­gen­ri­siko nicht tra­gen muss, gilt unab­hän­gig davon, ob er die Rech­nung bereits begli­chen hat. Hat er sie noch nicht begli­chen, darf er unter der Vor­aus­set­zung, dass eine Abtre­tung sei­ner Ansprü­che gegen den Sach­ver­stän­di­gen erfolgt, die Zah­lung der Sach­ver­stän­di­gen­kos­ten direkt an den Sach­ver­stän­di­gen ver­lan­gen.

 

Corona-​​Zusatzkosten sind erstat­tungs­fä­hig

Für die Erstat­tungs­fä­hig­keit von Zusatz­kos­ten, vor­lie­gend bezo­gen auf die getrof­fe­nen Corona Schutz­maß­nah­men, ist der Sach­ver­stän­dige ver­pflich­tet zu bewei­sen, dass die Kos­ten tat­säch­lich ange­fal­len sind. Ebenso ist für die Erstat­tungs­fä­hig­keit die objek­tive Erfor­der­lich­keit ent­schei­dend, aber auch, dass die ange­setzte Höhe nicht außer Ver­hält­nis zur Erfor­der­lich­keit steht.

Ein Sach­ver­stän­di­ger habe wäh­rend der Corona Pan­de­mie sein indi­vi­du­el­les Hygie­ne­kon­zept zum eige­nen Schutz, als auch dem sei­ner Mit­ar­bei­ter und sei­ner Auf­trag­ge­ber ange­wandt. Die­ses berech­tigte Inter­esse gewährt ihm einen Ent­schei­dungs­spiel­raum in Bezug auf die Aus­ge­stal­tung sei­nes Hygie­ne­kon­zepts.

Laut dem BGH obliege es der Ent­schei­dung von Kfz-​​Sachverständigen, ob sie für ihr Hygie­ne­kon­zept eine zusätz­li­che Pau­schale ver­lan­gen oder ob sie die Kos­ten intern auf ihre ver­an­schlag­ten Preise für die ange­bo­te­nen Dienst­leis­tun­gen hin­zu­rech­nen. Solange sie diese Kos­ten nicht sowohl intern, als auch als Extra Kos­ten­po­si­tion berech­nen, ist es den Sach­ver­stän­di­gen gestat­tet, die Abrech­nungs­me­thode ihrer Wahl umzu­set­zen.

 

Tanktop-​​Verbot für Män­ner im Fit­ness­stu­dio ist dis­kri­mi­nie­rend

Ein Fit­ness­stu­dio unter­sagte das Tra­gen von Tanktops für Män­ner, um zu ver­mei­den, dass Body­buil­der im Fit­ness­stu­dio trai­nie­ren. Hier­durch fühlte sich ein Mann dis­kri­mi­niert. Ein sol­ches Ver­bot, das aus­schließ­lich für Män­ner aus­ge­spro­chen wird sei nicht recht­mä­ßig, ent­schied das AG Bad Urach und gab dem Klä­ger recht.

Sach­ver­halt

Ein Fit­ness­stu­dio in Bad Urach hatte das Tra­gen von weit aus­ge­schnit­te­nen ärmel­lo­sen Sports­hirts unter­sagt, um zu ver­mei­den, dass dort Body­buil­der ihr Trai­ning absol­vie­ren. Der Klä­ger, ein dort trai­nie­ren­der Kunde fühlte sich durch diese Rege­lung dis­kri­mi­niert. Das aus­ge­spro­chene Ver­bot war neu­tral for­mu­liert, jedoch wur­den immer nur Män­ner ermahnt, so wie er selbst auch. Er wurde auch ein­mal aus dem Fit­ness­stu­dio ver­wie­sen. Hier­nach beschwerte sich der Klä­ger per E-​​Mail beim Fit­ness­stu­dio und wandte sich zudem an das Sozi­al­mi­nis­te­rium und den Lan­des­be­auf­trag­ten für Gleich­stel­lung. Das Fit­ness­stu­dio hielt jedoch am Ver­bot fest und dem Klä­ger wurde ein Son­der­kün­di­gungs­recht vom Ver­trag ein­ge­räumt. Schließ­lich nahm das Fit­ness­stu­dio das Ver­bot zurück und erlaubte ab dem 1. Mai wie­der das Tra­gen von Tanktops.

AG Bad Urach: Tanktop-​​Verbot begrün­det Dis­kri­mi­nie­rung

Auch wenn der Klä­ger kurz danach nicht mehr Mit­glied des Fit­ness­stu­dios war, klagte er vor dem AG Bad Urach gegen das Fit­ness­stu­dio auf Unter­las­sung von Klei­dungs­vor­schrif­ten. Er klagte einen Scha­dens­er­satz­an­spruch ein, der in Höhe von 1.500 Euro seine erfah­rene Dis­kri­mi­nie­rung kom­pen­sie­ren sollte. Von die­ser Dis­kri­mi­nie­rung war fak­tisch auch das dritte Geschlecht betrof­fen. Die Dis­kri­mi­nie­rung sei auch erheb­lich gewe­sen, da auf­grund der Mono­pol­stel­lung des Fit­ness­stu­dios in Bad Urach keine Mög­lich­keit bestand auf ein ande­res Fit­ness­stu­dio aus­zu­wei­chen. Somit wurde durch das Ver­bot allen männ­li­chen Tanktop Trä­gern der Besuch eines Fit­ness­stu­dios ver­wehrt.

Das Fit­ness­stu­dio begrün­dete das Tanktop-​​Verbot für Män­ner damit, dass sie nur auf diese Weise errei­chen konn­ten, dass Män­ner, die ihre Mus­keln zur Schau stel­len woll­ten, nicht im Fit­ness­stu­dio trai­nie­ren konn­ten. Daher seien Frauen nicht von dem Ver­bot betrof­fen. Frauen wür­den Tanktops nicht tra­gen, um ihre Mus­keln zur Schau zu stel­len, son­dern aus Mode­grün­den.

 

Der Klage wird zum Teil statt­ge­ge­ben

Das AG Bad Urach gab dem Klä­ger zum Teil recht Die Unter­las­sungs­klage hatte auf­grund der bereits been­de­ten Mit­glied­schaft kei­nen Erfolg. Dem gefor­der­ten Scha­dens­er­satz wurde statt­ge­ge­ben, jedoch nicht in der vom Klä­ger begehr­ten Höhe von 1.500 Euro, son­dern nur in Höhe von 250 Euro, denn das Trai­nie­ren im Fit­ness­stu­dio sei ihm wei­ter­hin mög­lich geblie­ben und er wurde nur ein­mal des Fit­ness­stu­dios ver­wie­sen. Ebenso wurde die Scha­dens­er­satz­höhe gerin­ger ein­ge­stuft, weil das Ver­bot zuletzt auf­ge­ho­ben wurde. Das AG ent­schied, dass das Tanktop Ver­bot gegen­über Män­nern eine ver­bo­tene Dis­kri­mi­nie­rung von Män­nern i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG dar­stelle. Die Begrün­dung des Fit­ness­stu­dios, durch das Ver­bot männ­li­che Body­buil­der aus dem Fit­ness­stu­dio fern­hal­ten zu wol­len, sah das Gericht nicht als gerecht­fer­tigt an. Wenn man ver­mei­den wolle, dass Mus­keln zur Schau gestellt wer­den, dann müsse das auch für Frauen gel­ten. Es sei kann Grund ersicht­lich, warum das Ver­bot Tanktops zu tra­gen aus­schließ­lich nur für Män­ner gel­ten soll. Frauen könn­ten ebenso Body­buil­der sein und durch knappe Klei­dung ihre Mus­keln zur Schau stel­len wol­len.

Beschluss des baye­ri­schen Kabi­netts: Cannabis-​​Verbot auf Volks­fes­ten und Bier­gär­ten

Das baye­ri­sche Kabi­nett hat per Beschluss den Kon­sum von Can­na­bis in der Öffent­lich­keit, ins­be­son­dere auf Volks­fes­ten, in Bier­gär­ten und im Eng­li­schen Gar­ten in Mün­chen ver­bo­ten. Ob der Kon­sum in ande­ren öffent­li­chen Berei­chen wie Frei­bä­dern und Frei­zeit­parks gestat­tet sein darf, sol­len die Kom­mune ent­schei­den, so die Gesund­heits­mi­nis­te­rin Judith Ger­lach (CSU).

 

Auch wenn Bay­ern gegen die Lega­li­sie­rung von Can­na­bis war, wurde die Teil-​​Legalisierung von Can­na­bis zum 1. April 2024 bun­des­weit durch­ge­setzt. Zum Schutze der Gesund­heit und der Kin­der– und Jugend­li­che ist der Kon­sum von Can­na­bis auf öffent­li­chen Plät­zen ein­zu­schrän­ken, so Judith Ger­lach. Die bun­des­weite Rege­lung ver­bie­tet den Kon­sum in unmit­tel­ba­rer Nähe von Min­der­jäh­ri­gen. Umset­zen lässt sich dies nur, indem Can­na­bis tags­über nicht auf Volks­fes­ten kon­su­miert wer­den darf, weil sich dort Kin­der und Jugend­li­che auf­hal­ten. Da es hier­für jedoch keine kon­krete Rege­lung gibt, bekla­gen Volks­fest­be­trei­ber die unzu­rei­chende Rege­lung.

 

Das Ver­bot Can­na­bis zu kon­su­mie­ren soll sich an dem gesetz­li­chen Rauch­ver­bot in Innen­räu­men von öffent­li­chen Gebäu­den, Gast­stät­ten und Kul­tur– und Frei­zeit­ein­rich­tun­gen ori­en­tie­ren, aber noch stren­ger gere­gelt sein: Auch in aus­ge­wie­se­nen Rau­cher­räu­men und Rau­cher­be­rei­chen, in Außen­be­rei­chen von Gast­stät­ten und Cafés, aber auch in Bier­gär­ten soll Can­na­bis nicht kon­su­miert wer­den. Es soll sowohl nicht nur ver­brannt wer­den, son­dern auch nicht erhitzt und ver­dampft wer­den. Ziel der baye­ri­schen Regie­rung ist es den Gast­wir­ten in Bay­ern durch genaue Rege­lun­gen Klar­heit zu ver­schaf­fen, denn die bun­des­wei­ten gesetz­li­chen Rege­lun­gen sind nicht umfas­send genug, so Ger­lach.

Haf­tung eines Organs für uner­laubte Bank­ge­schäfte

Sach­ver­halt

Der Klä­ger macht Scha­dens­er­satz­an­sprü­che in Höhe von 50.000 Euro wegen geschei­te­ter Inves­ti­tio­nen in Toch­ter­ge­sell­schaf­ten einer Akti­en­ge­sell­schaft (AG) in der Schweiz gel­tend. Der Beklagte war „Direk­tor“ der AG und Geschäfts­füh­rer der Toch­ter­ge­sell­schaf­ten, die als Pro­jekt­ge­sell­schaf­ten Immo­bi­li­en­pro­jekte durch­füh­ren sollte. Inzwi­schen sind sowohl die AG als auch deren Toch­ter­ge­sell­schaf­ten insol­vent. Kei­ner die­ser Gesell­schaf­ten ver­fügte über eine Erlaub­nis zum Betrieb von Bank­ge­schäf­ten nach § 32 Kre­dit­we­sen­ge­setz (KWG). Am 6.04.2018 schloss der Klä­ger, mit der AG einen „Betei­li­gungs­ver­trag“ und inves­tierte dar­aus resul­tie­rend 50.000 Euro in ein bestimm­tes Pro­jekt. Der Ver­trag sah eine Lauf­zeit von 24 Mona­ten, eine Ver­pflich­tung „zur voll­stän­di­gen Rück­zah­lung der Inves­ti­ti­ons­summe bis spä­tes­tens zum Ende der vor­ge­nann­ten Fest­le­gungs­frist“ und eine feste Ver­zin­sung von 6% p.a. vor. Der Klä­ger behaup­tete, die AG sei eine reine Brief­kas­ten­firma gewe­sen. Der „Direk­tor“ wandte ein, er habe von den „Betei­li­gungs­ver­trä­gen“ nichts gewusst. Ihm sei nur ein ein­ge­schränk­ter Auf­ga­ben­be­reich über­tra­gen gewe­sen. Er habe als Archi­tekt die Bau­pro­jekte nur in tech­ni­scher Hin­sicht gelei­tet und über­wacht. Die Wahr­neh­mung von Auf­ga­ben im finan­zi­el­len Bereich sei ihm nicht über­tra­gen gewe­sen.

 

LG und OLG beja­hen Haf­tung des Direk­tors

Sowohl das Land­ge­richt als auch das Ober­lan­des­ge­richt gaben der Klage statt und bejah­ten eine Haf­tung des „Direk­tors“ als Organ der AG.

BGH: Direk­tor müsse Ver­stoß gegen § 32 KWG ver­schul­den haben

Auf die Revi­sion des Beklag­ten hob der BGH (Urteil vom 9.11.2023 – III ZR 105/​22) den Beschluss des OLG auf und ver­wies die Sache zur neuen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung dort­hin zurück. Die objek­tive Organ­stel­lung genüge nicht, um eine Haf­tung zu begrün­den. Der „Direk­tor“ müsse den Ver­stoß gegen § 32 KWG auch ver­schul­det haben, wel­ches geson­dert fest­ge­stellt wer­den muss.

 

Dele­gie­rung kann zu Haf­tungs­be­schrän­kung füh­ren

Den Geschäfts­lei­ter tref­fen weit­rei­chende Sorg­falts­pflich­ten. Diese schlie­ßen eine Dele­ga­tion von Auf­ga­ben und damit eine Über­tra­gung von Ver­ant­wor­tung nicht aus. So kön­nen etwa interne Zustän­dig­keits­re­ge­lun­gen in der Geschäfts­lei­tung einer Gesell­schaft mit beschränk­ter Haf­tung zwar nicht zu einer Auf­he­bung, wohl aber zu einer Beschrän­kung der straf– und haf­tungs­recht­li­chen Ver­ant­wort­lich­keit füh­ren. Grund­ge­danke die­ser Rege­lung ist, dass der Geschäfts­füh­rer den ihm zukom­men­den Hand­lungs­pflich­ten für die Gesell­schaft als Gan­zes auf unter­schied­li­che Weise nach­kom­men kann. Auch durch orga­ni­sa­to­ri­sche Maß­nah­men kann er zur Erfül­lung der der Gesell­schaft oblie­gen­den Pflich­ten bei­tra­gen, indem er etwa an einer Rege­lung mit­wirkt, durch die jedem Geschäfts­füh­rer bestimmte Auf­ga­ben zuge­wie­sen wer­den. Durch eine der­ar­tige Auf­tei­lung der Geschäfte wird die Ver­ant­wort­lich­keit des nicht betrof­fe­nen Geschäfts­füh­rers nach innen und außen beschränkt, denn im All­ge­mei­nen kann er sich dar­auf ver­las­sen, dass der zustän­dige Geschäfts­füh­rer die ihm zuge­wie­se­nen Auf­ga­ben erle­digt.

 

Geschäfts­füh­rer muss bei Anhalts­punk­ten ein­schrei­ten

Nichts­des­to­trotz ver­blei­ben dem nicht betrof­fe­nen Geschäfts­füh­rer in jedem Fall kraft sei­ner All­zu­stän­dig­keit gewisse Über­wa­chungs­pflich­ten, die ihm zum Ein­grei­fen ver­an­las­sen müs­sen, wenn Anhalts­punkte dafür beste­hen, dass die Erfül­lung der der Gesell­schaft oblie­gen­den Auf­ga­ben durch den zustän­di­gen Geschäfts­füh­rer nicht mehr gewähr­leis­tet ist.

Ob der „Direk­tor“ für den Ver­trag ver­ant­wort­lich gewe­sen sei, sei aber offen und bedürfe wei­te­rer Fest­stel­lun­gen. Auch müsse unter­sucht wer­den, ob der Geschäfts­füh­rer tat­säch­lich keine Kennt­nis von den Ver­trä­gen hatte. Dass er gewusst habe, dass die AG Gel­der ein­warb, lasse für sich nicht den Schluss zu, es sei für ihn erkenn­bar gewe­sen, dass die Gesell­schaft Ein­la­gen– und damit Bank­ge­schäfte betrieb.

Betrun­kene Auto­fah­re­rin – Keine MPU-​​Pflicht bei Wei­ter­fahrt nach Par­kun­fall

Hin­ter­grund – § 13 Satz 1 Nr. 2 Buch­stabe b Fahrerlaubnis-​​Verordnung (FeV)

Zur Vor­be­rei­tung von Ent­schei­dun­gen über die Ertei­lung oder Ver­län­ge­rung der Fahr­er­laub­nis (…) ord­net die Fahr­er­laub­nis­be­hörde an, dass ein medizinisch-​​psychologisches Gut­ach­ten bei­zu­brin­gen ist, wenn wie­der­holt Zuwi­der­hand­lun­gen im Stra­ßen­ver­kehr unter Alko­hol­ein­fluss began­gen wur­den.

Sach­ver­halt

Eine Frau fuhr mit einem Alko­hol­ge­halt von 0,68 Pro­mille auf den Park­platz eines Super­markts. Nach dem Ein­kauf parkte sie rück­wärts aus und fuhr dabei auf einen hin­ter ihrem Fahr­zeug ste­hen­den PKW auf. Obwohl sie den ent­stan­de­nen Scha­den begut­ach­tete, kehrte sie anschlie­ßend ohne die not­wen­di­gen Unfall­fest­stel­lun­gen zu machen zu ihrer Woh­nung zurück. Dies führte zu einer Geld­strafe und dem Ent­zug ihrer Fahr­er­laub­nis.

Drei Jahre nach dem Vor­fall bean­tragte die Frau die Neu­er­tei­lung ihrer Fahr­er­laub­nis. Sie wurde auf­ge­for­dert, ein medizinisch-​​psychologisches Gut­ach­ten vor­zu­le­gen, da sie wie­der­holt unter Alko­hol­ein­fluss im Stra­ßen­ver­kehr Ver­stöße began­gen hatte, was Zwei­fel an ihrer Fahr­eig­nung auf­kom­men ließ. Die Behörde argu­men­tierte, dass das Aus­stei­gen aus dem Fahr­zeug und die Begut­ach­tung des Scha­dens eine klare Zäsur dar­stel­len, wodurch die Fahr­ten davor und danach als zwei sepa­rate Ereig­nisse betrach­tet wer­den müs­sen. Die Fah­re­rin war mit die­ser Auf­fas­sung nicht ein­ver­stan­den und zog vor Gericht. Vor dem Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt erhielt sie nun Recht.

Urteil

Nach Auf­fas­sung der Leip­zi­ger Rich­ter (Urteil vom 14.12.2023 – 3 C 10.22) habe es sich bei dem Gesche­hen sich nicht um wie­der­holte Zuwi­der­hand­lun­gen im Stra­ßen­ver­kehr unter Alko­hol­ein­fluss im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2b FeV gehan­delt. Das setze vor­aus, dass es bei natür­li­cher Betrach­tungs­weise zu min­des­tens zwei deut­lich von­ein­an­der abgrenz­ba­ren Trun­ken­heits­fahr­ten gekom­men sei. Bei dem Aus­par­kun­fall nebst Aus­stei­gen und Betrach­ten der Fahr­zeuge habe es sich nur um eine kurz­zei­tige Unter­bre­chung gehan­delt, die – auch in der Gesamt­be­trach­tung mit der vor­he­ri­gen Fahrt­un­ter­bre­chung für den Ein­kauf – kei­nen neuen und eigen­stän­di­gen Lebens­sach­ver­halt begrün­det habe. Daher muss die sich die Frau kei­ner Medizinisch-​​Psychologischen Unter­su­chung unter­zie­hen.

Scha­dens­er­satz für zer­stör­ten Baum

Wer den Baum eines Nach­barn zer­stört macht sich scha­dens­er­satz­pflich­tig. Die Höhe des Scha­dens­er­sat­zes hängt hier­bei von der Art des Bau­mes ab, des­sen Alter, aber auch von sei­ner Funk­tion für das Grund­stück, so das OLG Frank­furt am Main.

 

Sach­ver­halt

Die Klä­ge­rin, eine Grund­stück­be­sit­ze­rin, hatte ihrem Nach­barn erlaubt die auf sein Grund­stück ragen­den Äste ihrer alten Bäume zurück­zu­schnei­den. Es han­delte sich dabei um zwei 70 Jahre alte Bäume. Ihr Nach­bar führte die Schnitt­ar­bei­ten jedoch so aus, dass nicht nur die über das Grund­stück ragende Äste geschnit­ten wur­den, son­dern weit­aus mehr. Es ver­blieb nur noch so viel, dass nicht sicher­ge­stellt war, dass die Bäume es über­le­ben wür­den. Die Klä­ge­rin for­derte des­halb Scha­dens­er­satz in Höhe von 35.000 Euro für das gegen die Ver­ein­ba­rung ver­sto­ßene Ver­hal­ten ihres Nach­barn.

 

Art, Funk­tion und Stand­ort des Bau­mes ent­schei­det über die Scha­dens­er­satz­höhe

Das LG Frank­furt am Main kürzte das Scha­dens­er­satz­ver­lan­gen auf einen Betrag von 4.000 Euro. Dies solle die Kos­ten der Ent­sor­gung des Schnitt­guts, als auch die Wert­min­de­rung der Bäume kom­pen­sie­ren. Hier­auf legte die Klä­ge­rin Beru­fung ein: Die Scha­dens­er­satz­höhe sei zu nied­rig. Das OLG gab ihr recht. Das Urteil des LG wurde auf­ge­ho­ben und zurück­ver­wie­sen. Das LG solle den Fall neu beur­tei­len und die Scha­dens­er­satz­höhe ent­spre­chend neu fest­le­gen. Bei der Zer­stö­rung eines Bau­mes sei eine Natu­ral­re­sti­tu­tion, d.h. die Wie­der­her­stel­lung des vor­he­ri­gen Zustan­des nicht mög­lich, da die Kos­ten für die Ver­pflan­zung eines aus­ge­wach­se­nen Bau­mes unver­hält­nis­mä­ßig hoch sind. Daher könne sich der Scha­dens­er­satz nur auf eine Teil­wie­der­her­stel­lung bezie­hen. Diese beinhalte die Kos­ten für das Anpflan­zen eines jun­gen Bau­mes und die Kom­pen­sa­tion der geschätz­ten Wert­ein­buße des Grund­stücks durch den feh­len­den aus­ge­wach­se­nen Baum, begrün­dete das OLG. Ebenso betonte das OLG die Wich­tig­keit Art, Funk­tion und Stand­ort des Bau­mes bei der Fest­le­gung der Scha­dens­er­satz­höhe zu berück­sich­ti­gen. Die Klä­ge­rin hatte vor­ge­tra­gen, dass ihre Bäume den Lebens­raum für Vögel und sons­tige Tiere in ihrem Gar­ten boten und einen Bei­trag zur Sau­er­stoff­her­stel­lung leis­te­ten. Dies solle vom LG bei der Ermitt­lung berück­sich­tigt wer­den.

Rei­se­ver­an­stal­ter garan­tiert keine schad­lose Rück­kehr von der Reise

Sach­ver­halt

Wäh­rend eines ein­wö­chi­gen Motor­rad­ur­laubs in Kroa­tien ereig­nete sich ein tra­gi­scher Unfall, der für einen der Teil­neh­mer töd­lich endete. Der Ver­un­glückte, der sein eige­nes Motor­rad nutzte, nahm an einer geführ­ten Motor­rad­tour teil. Am letz­ten Tag der Tour geschah der Unfall. In einer Rechts­kurve mit sich ver­en­gen­dem Kur­ven­ra­dius geriet der Fah­rer auf die Gegen­fahr­bahn, kam von der Fahr­bahn ab und stürzte einen Abhang hin­un­ter. Die erlit­te­nen Ver­let­zun­gen waren so schwer­wie­gend, dass der Fah­rer rund drei Monate spä­ter im Kran­ken­haus ver­starb. Die Heil­be­hand­lungs­kos­ten belie­fen sich bis dahin auf etwa 112.000 Euro.

Die Kran­ken­kasse des Ver­stor­be­nen for­derte die Summe von dem Rei­se­ver­an­stal­ter und dem Tour­guide zurück. Sie behaup­tet, der Ver­an­stal­ter habe sich gegen­über dem Geschä­dig­ten ver­trag­lich ver­pflich­tet, für eine schad­lose Rück­kehr zu sor­gen. Sowohl das Land­ge­richt als auch das Ober­lan­des­ge­richt wie­sen die Klage ab.

Kein Rei­se­man­gel

Nach Auf­fas­sung der Rich­ter, habe die Kran­ken­kasse weder aus dem Rei­se­ver­trag nach § 651i Abs. 3 Nr. 7, § 651n Abs. 3 BGB noch aus Delikt nach § 823 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Kos­ten­er­stat­tung (OLG Stutt­gart, Urteil vom 10.11.2023 – 3 U 23/​23). Eine Ver­ein­ba­rung, dass eine unfall­freie Reise garan­tiert werde, sei nicht gege­ben. Wie für einen ver­stän­di­gen Rei­sen­den ohne Wei­te­res ersicht­lich sei, will kein Rei­se­ver­an­stal­ter ver­schul­dens­un­ab­hän­gig dafür ein­ste­hen, dass ein Rei­sen­der wäh­rend der Reise nicht zu Scha­den komme, da ein sol­cher Scha­den durch Umstände ein­tre­ten kann, auf die der Rei­se­ver­an­stal­ter kei­nen Ein­fluss habe. Daher schluss­fol­gerte das Gericht, dass Risi­ken, auf die der Ver­an­stal­ter kei­nen Ein­fluss habe, nicht von ihm über­nom­men wer­den könne. Die Ver­let­zung an sich begründe kei­nen Man­gel im Sinne des Rei­se­rechts.

Rei­se­ver­an­stal­ter hatte keine per­ma­nente Über­wa­chungs­pflicht

Wei­ter führ­ten die Stutt­gar­ter Rich­ter aus, dass den Ver­an­stal­ter weder für Defekte am Motor­rad noch für Fahr­feh­ler des Ver­un­glück­ten eine Ver­kehrs­si­che­rungs­pflicht treffe. Obwohl mit Tipps für die Kur­ven­tech­nik und ähn­li­chem gewor­ben wurde, sei davon aus­zu­ge­hen, dass alle Teil­neh­mer im Besitz eines gül­ti­gen Füh­rer­scheins sind und somit die erfor­der­li­chen Kennt­nisse und Fer­tig­kei­ten für die Motor­rad­tour besit­zen. Eine per­ma­nente Über­wa­chungs­pflicht sei­tens des Ver­an­stal­ters hin­sicht­lich der Fahr­fä­hig­kei­ten bestehe nicht, da Motor­rad­fah­rer übli­cher­weise eigen­ver­ant­wort­lich und ohne Auf­sicht fah­ren. Das Gericht ver­neinte eine Pflicht zum „betreu­ten Fah­ren“, solange es sich nicht um Fahr­schü­ler han­dele.

Ver­un­glück­ter trägt Ver­ant­wor­tung für Fahr­feh­ler

Auch der Tour­guide könne nicht zur Ver­ant­wor­tung gezo­gen wer­den. Obwohl er das Tempo durch sein Vor­an­fah­ren vor­ge­ge­ben habe, sei klar, dass die Teil­neh­mer in ihrem eige­nen Tempo fah­ren. Das Alter des Ver­un­glück­ten, 53 Jahre, schließe die Annahme aus, dass er sich durch ein über­höh­tes Tempo genö­tigt füh­len könnte, sich selbst zu über­for­dern. Selbst wenn der Guide mit über­höh­ter Geschwin­dig­keit gefah­ren sein sollte – was nicht nach­ge­wie­sen wurde – könne er dar­auf ver­trauen, dass die Teil­neh­mer nur so schnell fah­ren, dass sie ihre Fahr­zeuge unter Kon­trolle haben. Wenn die Orts­un­kennt­nis eine sichere Ein­schät­zung der Stre­cke unmög­lich mache, müss­ten die Teil­neh­mer ihre Geschwin­dig­keit ent­spre­chend anpas­sen. Der Guide trage keine Ver­ant­wor­tung für eine Selbst­ge­fähr­dung des Ver­un­glück­ten.

Zusam­men­fas­sung

Für Fahr­feh­ler eines Urlau­bers haf­tet ein Rei­se­ver­an­stal­ter für geführte Motor­rad­rei­sen nicht. Der Ver­an­stal­ter kann keine Unfall­frei­heit garan­tie­ren, da er kei­nen Ein­fluss auf Fahr­feh­ler habe.

 

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Wer bekommt den Hund nach der Tren­nung?

Ein­lei­tung

Die Deut­schen schät­zen das Leben mit tie­ri­schen Mit­be­woh­nern. In fast jedem zwei­ten Haus­halt wird min­des­tens ein Haus­tier gehal­ten. Von den rund 35 Mil­lio­nen Heim­tie­ren sind Hunde mit 10,6 Mil­lio­nen die zweit­be­lieb­tes­ten. Doch wie ist die Rechts­lage, wenn nach der Tren­nung eines Paa­res beide Teile den Hund für sich behal­ten wol­len? Wer darf dann den Hund behal­ten?

Wenn sich Ehe­leute tren­nen, zieht für gewöhn­lich eine Par­tei aus. Was pas­siert in der Folge mit den Sachen, die sie sich gemein­sam ange­schafft haben? Haus­halts­ge­gen­stände, die man selbst gekauft hat, muss jeweils der andere Ehe­part­ner her­aus­ge­ben. Hat man die Gegen­stände aller­dings gemein­sam erwor­ben, dann müs­sen diese nach den „Grund­sät­zen der Bil­lig­keit“ (d.h. auf gerechte Art und Weise) ver­teilt wer­den. Diese Grund­sätze gel­ten auch für Haus­tiere. Das Amts­ge­richt Mar­burg (Beschluss vom 3.11.2023 – 74 F 809/​23) hat nun ent­schie­den, dass bei der Zuwei­sung eines Fami­li­en­hun­des nach der Tren­nung der Ehe­leute das Tier­wohl das aus­schlag­ge­bende Ent­schei­dungs­kri­te­rium dafür sei, bei wem der Hund letzt­lich blei­ben dürfe.

 

Sach­ver­halt

Im vor­lie­gen­den Fall zog die Ehe­frau nach elf­jäh­ri­ger Ehe aus dem Haus aus, nahm den in der Ehe ange­schaff­tem Hund ohne Abspra­che mit und teilte ihrem Mann auch ihre neue Adresse nicht mit. 500 Kilo­me­ter trenn­ten den Hund und sein Herr­chen seit­her. Der Mann bean­tragte dar­auf­hin die vor­läu­fige Zuwei­sung des Hun­des wäh­rend der Tren­nungs­zeit sowie die Her­aus­gabe des elf­jäh­ri­gen Vier­bei­ners. Er behaup­tete, die Haupt­be­zugs­per­son zu sein, da er in den letz­ten fünf Jah­ren wegen län­ge­rer Pha­sen der (krank­heits­be­ding­ten) Erwerbs­lo­sig­keit zum aller­größ­ten Teil ganz­tä­gig zu Hause gewe­sen sei. Er war der Ansicht, es ent­sprä­che dem Tier­wohl, wenn der Hund in sein frü­he­res Zuhause zurück­kehre.

Tier­wohl habe oberste Prio­ri­tät

Das Amts­ge­richt sprach dem Ehe­mann die Fell­schnauze zu. Zwar sei der Hund recht­lich gese­hen nicht als Sache im Sinne des § 90a BGB zu betrach­ten. Auf ihn seien den­noch die Bestim­mun­gen von § 1361a BGB über die Auf­tei­lung von Haus­halts­ge­gen­stän­den ent­spre­chend anzu­wen­den. Nach Ansicht der Rich­ter ergebe sich aus § 90a BGB unmiss­ver­ständ­lich das gesetz­ge­be­ri­sche Bekennt­nis zum ethisch fun­dier­ten Tier­schutz. Daher sei der Aspekt des Tier­wohls im Rah­men des § 1361a BGB das wesent­li­che Kri­te­rium dafür, wer den Hund behal­ten darf. Um dem Tier­wohl des Hun­des gerecht zu wer­den, sei es in ers­ter Linie rele­vant, wer die Haupt­be­zugs­per­son des Tie­res sei.

Sofern beide Part­ner glei­cher­ma­ßen für das Wohl des Hun­des rele­vant seien, sei in zwei­ter Instanz die gewohnte Umge­bung her­an­zu­zie­hen. Vor der Tren­nung lebte der Vier­bei­ner elf Jahre in dem Haus, das nun wei­ter­hin das Herr­chen bewohnt. Dort gebe es einen ein­ge­zäun­ten Gar­ten, den der Hund seit elf Jah­ren kenne und in dem er sich als „Herr­scher in sei­nem Revier“ füh­len könne. Er könne im Gar­ten etwa einen Kno­chen ver­ste­cken und die­sen nach eini­ger Zeit wie­der aus­gra­ben. Dadurch kon­trol­liere und bewa­che er sein Revier. Die freie und unbe­schränkte Nut­zung eines hun­desi­cher ein­ge­zäun­ten Gar­tens bedeute für den Hund ins­ge­samt einen ganz erheb­li­chen Zuwachs an Lebens­qua­li­tät, was in Anbe­tracht des Tier­wohls laut AG der aus­schlag­ge­bende Knack­punkt sei.

Das Gericht sprach dem Hund ein glück­li­ches Leben bei Frau­chen nicht ab. Es seien viel­mehr im Ergeb­nis die Gesamt­um­stände mit den zahl­rei­chen klei­nen Details gewe­sen, die am Ende den Aus­schlag zuguns­ten des Herr­chen gege­ben haben. Das Gericht unter­streicht in sei­ner Ent­schei­dung immer wie­der, dass das Wohl des Vier­bei­ners im Mit­tel­punkt der Ent­schei­dung stehe. Auch wenn es andere, eben­falls tier­freund­li­che Alter­na­ti­ven gebe, über­trä­fen diese nicht das Leben des Hun­des in sei­nem bis­her gewohn­ten Umfeld. Dort könne er die Tren­nung von Herr­chen und Frau­chen schließ­lich auch am bes­ten ver­ar­bei­ten.

 

Hin­weis:

  • 1361a BGB lau­tet wie folgt:

(1) Leben die Ehe­gat­ten getrennt, so kann jeder von ihnen die ihm gehö­ren­den Haus­halts­ge­gen­stände von dem ande­ren Ehe­gat­ten her­aus­ver­lan­gen. […]

(2) Haus­halts­ge­gen­stände, die den Ehe­gat­ten gemein­sam gehö­ren, wer­den zwi­schen ihnen nach den Grund­sät­zen der Bil­lig­keit ver­teilt.

(3) Kön­nen sich die Ehe­gat­ten nicht eini­gen, so ent­schei­det das zustän­dige Gericht. […]

(4) […]

 

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Wider­rufs­in­for­ma­tion in einem Kfz-​​Kaufvertrag ver­bun­de­nen Ver­brau­cher­dar­le­hens­ver­trag ord­nungs­ge­mäß

Sach­ver­halt

Eine Frau erwarb im Februar 2017 ein Kfz der Marke Mer­ce­des Benz. Zur Finan­zie­rung des Kauf­prei­ses, schloss sie noch im sel­ben Monat einen Dar­le­hens­ver­trag ab. Die Dar­le­hens­ver­trags­un­ter­la­gen ent­hiel­ten eine Wider­rufs­in­for­ma­tion, in der die Ver­träge als ver­bun­dene Ver­träge bezeich­net sind. Für den Fall aus­blei­ben­der Zah­lun­gen, werde der gesetz­li­che Zins­satz für Ver­zugs­zin­sen berech­net, der für das Jahr fünf Pro­zent­punkte über dem Basis­zins­satz betrage. Einen kon­kre­ten Zins­satz nannte der Ver­trag nicht. Der Dar­le­hens­ver­trag ent­hielt auch Rege­lun­gen zur Berech­nung einer Vor­fäl­lig­keits­ent­schä­di­gung, sollte das Dar­le­hen vor­zei­tig zurück­ge­zahlt wer­den.

Bestand­teil des Dar­le­hens­ver­trags waren auch die All­ge­mei­nen Dar­le­hens­be­din­gun­gen der Bank. Darin hieß es: „Wider­ruft der Dar­le­hens­neh­mer seine Ver­trags­er­klä­rung inner­halb der Wider­rufs­frist, so hat er für den Zeit­raum zwi­schen Aus­zah­lung und Rück­zah­lung des Dar­le­hens keine Soll­zin­sen zu ent­rich­ten.“ Auch war fest­ge­hal­ten, dass der Dar­le­hens­neh­mer am Streit­bei­le­gungs­ver­fah­ren der Ver­brau­cher­schlich­tungs­stelle „Ombuds­mann der pri­va­ten Ban­ken“ teil­nimmt. Nach Erbrin­gung von Zins– und Til­gungs­leis­tun­gen erklärte die Dar­le­hens­neh­me­rin im August 2018 den Wider­ruf ihrer auf den Abschluss des Kre­dit­ver­trags gerich­te­ten Wil­lens­er­klä­rung. Sie hält die Wider­rufs­in­for­ma­tion für feh­ler­haft. Auf­grund des wirk­sa­men Wider­rufs des Dar­le­hens­ver­trags sei sie auch an den Kfz-​​Kaufvertrag nicht mehr gebun­den. Rund zwei Jahre nach dem Kauf ver­äu­ßerte die Frau das Kfz und löste das Dar­le­hen vor­zei­tig ab.

Die Frau ver­klagte die Bank – unter Anrech­nung des Ver­kaufs­er­lö­ses – auf Rück­zah­lung der erbrach­ten Zins– und Til­gungs­leis­tung.

Urteil

Der BGH (Urteil vom 27.02.2024 – XI ZR 258/​22) wies die Klage ab. Die Wider­rufs­in­for­ma­tion sei kraft Gesetz­lich­keits­fik­tion ord­nungs­ge­mäß und auch die erfor­der­li­chen Pflicht­an­ga­ben seien in einer Weise erteilt wor­den, dass die zwei­wö­chige Wider­rufs­frist mit Ver­trags­ab­schluss in Lauf gesetzt wor­den seien und die Klä­ge­rin ihr Wider­rufs­recht nicht frist­ge­recht aus­ge­übt habe.

 

Gesetz­lich­keits­fik­tion fin­det Anwen­dung

Die beklagte Bank habe der Klä­ge­rin nach § 492 Abs. 2 BGB in Ver­bin­dung mit. Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB eine ord­nungs­ge­mäße Wider­rufs­in­for­ma­tion erteilt. Inso­weit könne sie sich auf die in Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB ange­ord­nete Gesetz­lich­keits­fik­tion beru­fen. Der Anwen­dung der Gesetz­lich­keits­fik­tion stehe das Urteil des EuGH vom 21. Dezem­ber 2023 (C-​​38/​21) nicht ent­ge­gen. Eine richt­li­ni­en­kon­forme Aus­le­gung der natio­na­len Vor­schrif­ten schei­det ange­sichts des ein­deu­ti­gen Geset­zes­wort­lauts aus. Zwar habe die Bank in ihren Dar­le­hens­be­din­gun­gen auf den nach der Wider­rufs­in­for­ma­tion pro Tag zu zah­len­den Zins­be­trag ver­zich­tet. Dies lasse jedoch nicht nur die Ord­nungs­ge­mäß­heit der Wider­rufs­in­for­ma­tion, son­dern auch die Gesetz­lich­keits­fik­tion unbe­rührt. Denn sie begüns­tige den Ver­brau­cher ledig­lich. Die Infor­ma­tion sei den­noch klar und führe Ver­brau­cher nicht in die Irre.

Die nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB in Ver­bin­dung mit § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB erfor­der­li­che Infor­ma­tion über die Art des Dar­le­hens habe die Bank ord­nungs­ge­mäß erteilt. Bei einem Allgemein-​​Verbraucherdarlehensvertrag im Anwen­dungs­be­reich der Ver­brau­cher­kre­dit­richt­li­nie müsse klar und ver­ständ­lich ange­ge­ben wer­den, dass es sich um einen ver­bun­de­nen, befris­te­ten Dar­le­hens­ver­trag han­delt. Die Befris­tung des Dar­le­hens­ver­trags sei hier dar­aus ersicht­lich, dass der Ver­trag aus­drück­lich eine Lauf­zeit angebe. Dass es sich um einen mit dem Kauf­ver­trag ver­bun­de­nen Dar­le­hens­ver­trag han­delt, folge klar und ver­ständ­lich aus der Wider­rufs­in­for­ma­tion.

Die Infor­ma­tion über den Ver­zugs­zins­satz und die Art und Weise sei­ner etwai­gen Anpas­sung sei zwar unvoll­stän­dig, weil die Bank der Kun­din den zum Zeit­punkt des Ver­trags­schlus­ses gel­ten­den kon­kre­ten Pro­zent­satz des Ver­zugs­zin­ses nicht mit­ge­teilt habe. Das hin­dere aber das Anlau­fen der Wider­rufs­frist nicht. Denn ein nor­mal infor­mier­ter, auf­merk­sa­mer und ver­stän­di­ger Ver­brau­cher in der Lage der Dar­le­hens­neh­me­rin hätte den Dar­le­hens­ver­trag auch abge­schlos­sen, wenn ihm die Infor­ma­tio­nen ord­nungs­ge­mäß mit­ge­teilt wor­den wären, so der BGH mit Blick auf das EuGH-​​Urteil vom 21.12.2023.

Feh­ler­haft sei zwar die Angabe zur Berech­nung der Vor­fäl­lig­keits­ent­schä­di­gung. Denn die von der Bank ver­wen­dete Klau­sel wei­che zum Nach­teil des Ver­brau­chers von gesetz­li­chen Vor­schrif­ten ab. Dies führe aber nach dem Rege­lungs­kon­zept des deut­schen Gesetz­ge­bers ledig­lich zum Aus­schluss des Anspruchs auf eine Vor­fäl­lig­keits­ent­schä­di­gung. Die 14-​​tägige Wider­rufs­frist laufe den­noch an. Der BGH hält daran auch im Hin­blick auf das EuGH-​​Urteil vom 21.12.2023 fest. Denn hier könne die Kre­dit­neh­me­rin auf­grund der Anga­ben der Bank die zu zah­lende Vor­fäl­lig­keits­ent­schä­di­gung den­noch leicht berech­nen. Dass die Angabe der Bank auf­grund der Umset­zung in das natio­nale Recht einer Klau­sel­kon­trolle nicht stand­hält, sei unbe­acht­lich. Bei richt­li­ni­en­kon­for­mer Aus­le­gung hin­dere dies das Anlau­fen der 14-​​tägigen Wider­rufs­frist nicht.

Schließ­lich seien auch die nach Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB erfor­der­li­chen Infor­ma­tio­nen über den Zugang des Ver­brau­chers zu einem außer­ge­richt­li­chen Beschwerde– und Rechts­be­helfs­ver­fah­ren und gege­be­nen­falls zu den Vor­aus­set­zun­gen für die­sen Zugang ord­nungs­ge­mäß erteilt wor­den. Die Bank habe in den Dar­le­hens­be­din­gun­gen ange­ge­ben, dass die Beschwerde in Text­form über­mit­telt wer­den kann und hier­für ihre Post­adresse, ihre Tele­fax­num­mer und ihre E-​​Mail-​​Adresse mit­ge­teilt. Sons­tige for­male Vor­aus­set­zun­gen musste sie laut BGH nicht ange­ben. Ins­be­son­dere habe sie nicht über die mit dem Schlich­tungs­ver­fah­ren ver­bun­de­nen Kos­ten infor­mie­ren müs­sen. Denn das Schlich­tungs­ver­fah­ren beim Ombuds­mann der pri­va­ten Ban­ken koste den Ver­brau­cher nichts.

 

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Ver­passte Gepäck­auf­gabe – Kein Rück­tritts­grund von der Flug­reise

Sach­ver­halt

Ein Ehe­paar hat bei einem Rei­se­ver­an­stal­ter eine Pau­schal­reise nach Kuba vom 8.02.2020 bis zum 23.02.2020 in Höhe von 3.998 Euro gebucht. In der Pau­schal­reise inbe­grif­fen war ein Rail & Fly-​​Ticket für eine Bahn­fahrt am Tag des Hin­flugs zum Flug­ha­fen Mün­chen. Als die zwei Rei­sem­den am Flug­ha­fen anka­men, hatte das Boar­ding für den Flug nach Kuba bereits begon­nen. Eine Gepäck­auf­gabe war für das Ehe­paar nicht mehr mög­lich. Das Ange­bot, den Flug ohne Auf­ga­be­ge­päck anzu­tre­ten, lehn­ten sie ab. Die Frau führte aus, sie sei gemein­sam mit ihrem Ehe­mann auf Grund einer Zug­ver­spä­tung gegen 11.00 Uhr am Schal­ter der Flug­ge­sell­schaft ein­ge­trof­fen. Da die Gepäck­auf­gabe bis 11:10 Uhr hätte mög­lich sein sol­len, sei das bereits begon­nene Boar­ding kein Grund gewe­sen, die Flug­reise nach Kuba mit Auf­ga­be­ge­päck zu wei­gern. Nach Ansicht des Rei­se­ver­an­stal­ters beruhe die Nicht­be­för­de­rung aus­schließ­lich auf der Ver­let­zung von Mit­wir­kungs­hand­lun­gen der Rei­sen­den. Ent­ge­gen wie­der­hol­ter Hin­weise hät­ten die Rei­sen­den keine, allen­falls unan­ge­mes­sen kurze Zeit­re­ser­ven für die mehr als 400 km lange Anreise zum Flug­ha­fen ein­ge­plant.

Ver­letzte Mit­wir­kungs­ob­lie­gen­heit des Ehe­paars

Das Amts­ge­richt Mün­chen hat in sei­nem Urteil vom 04.08.2021 (Az. 158 C 4570/​20) die Klage auf Rück­er­stat­tung des Rei­se­prei­ses in Höhe von fast 4000 Euro abge­wie­sen und dem Rei­se­ver­an­stal­ter Recht gege­ben. Obwohl die Ehe­frau den Rei­se­ver­trag kon­klu­dent (d.h. durch schlüs­si­ges Han­deln) gekün­digt habe, indem sie und ihr Mann die Flug­reise trotz ange­bo­te­ner Mög­lich­kei­ten nicht ange­tre­ten haben, wurde die Kün­di­gung als unwirk­sam ein­ge­stuft. Das Gericht argu­men­tierte, dass es kei­nen erheb­li­chen Reis­man­gel gege­ben habe. Bei Flug­rei­sen seien Rei­sende ver­pflich­tet, recht­zei­tig am Flug­ha­fen für die Abfer­ti­gung bereit­zu­ste­hen. Im Fall einer ver­ein­bar­ten Bahn­an­reise müss­ten sie die Zug­ver­bin­dung ent­spre­chend pla­nen. Die Ehe­frau habe diese Pflicht ver­letzt, indem sie eine Zug­ver­bin­dung wählte, die eine plan­mä­ßige Ankunft am Flug­ha­fen weni­ger als zwei Stun­den vor dem Abflug vor­sah.

Der Hin­weis auf der Board­karte, dass die Ehe­leute bei Ankunft um 11 Uhr noch 10 Minu­ten Zeit gehabt hät­ten, um ihr Gepäck auf­zu­ge­ben, wurde vom Gericht eben­falls als nicht ent­schei­dungs­re­le­vant ein­ge­stuft. Die Rich­ter argu­men­tier­ten, dass die Rei­sen­den nicht davon aus­ge­hen durf­ten, bis zur buch­stäb­lich letz­ten Minute Gele­gen­heit zu haben, ihr Gepäck abzu­ge­ben. Dies ergebe sich bereits aus dem Wort­laut des Hin­wei­ses „nicht spä­ter als“ anstelle von „bis“. Zudem seien gering­fü­gige Ver­schie­bun­gen der Abflug– und Boar­ding­zei­ten auf­grund der Abläufe an einem gro­ßen Flug­ha­fen wie dem Münch­ner mit eng getak­te­ten Zeit­kor­ri­do­ren und einer Viel­zahl von Abflü­gen und Ankünf­ten regel­mä­ßig zu erwar­ten.

 

Sie haben Fra­gen zum Thema Rei­se­recht? Hatte ein Flug von Ihnen Ver­spä­tung und Sie möch­ten prü­fen lasse, ob Ihnen einen Scha­dens­er­satz­an­spruch gegen die Flug­ge­sell­schaft zusteht? Unsere erfah­re­nen und kom­pe­ten­ten Rechts­an­wäl­tin­nen und Rechts­an­wälte bera­ten und unter­stüt­zen Sie gerne. Mel­den Sie sich bei uns und ver­ein­ba­ren Sie einen Ter­min.