Der Fahrer eines geleasten Audi Q5 parkte auf der rechten Straßenseite in einer Parkbucht. Beim Vorbeifahren kollidierte ein Autofahrer mit der linken hinteren Tür des Audis. Daraufhin verklagte der Audi Fahrer den Schädiger auf Schadensersatz. Der Kläger behauptet, er habe die linke hintere Tür nur einen Spalt weit geöffnet, um Gegenstände von der Rückbank zu entnehmen. Die Tür habe nicht in den Fahrbahnbereich hineingeragt. Der Unfall sei damit für den Kläger unabwendbar gewesen. Die Beklagte hingegen äußerte, dass sie die offene Fahrertür des Audis wahrgenommen habe und daher höchstens mit 10 – 15 km/h und ausreichendem Sicherheitsabstand am Fahrzeug vorbeifuhr. Zur Kollision kam es nur, weil der Kläger während der Vorbeifahrt die Türe weiter (unabsichtlich) geöffnet habe.
Das Landgericht Saarbrücken hatte eine Haftungsverteilung 50:50 vorgenommen. Die Klägerin begehrte vor dem Oberlandesgericht Saarbrücken vollen Ersatz und ging in Berufung.
Zunächst setzt sich das Gericht (OLG Saarbrücken, Urteil vom 24.03.2023 – 3 U 9/23) mit der Aktivlegitimation des Klägers auseinander. Die Aktivlegitimation ist die Befugnis einer Person, ein bestimmtes Recht (hier: Schadensersatz) vor Gericht geltend zu machen. Wer aktiv legitimiert ist, kann als Kläger in einem Gerichtsverfahren auftreten und seine Ansprüche geltend machen.
Bei Leasingfahrzeugen ist in der Regel der Leasinggeber (meist Leasingunternehmen) Eigentümer des Fahrzeugs, während der Leasingnehmer (hier: der Kläger) lediglich einen Nutzungsvertrag hat. Meist ist der Leasingnehmer nicht aktivlegitimiert um Ansprüche gegen Dritte bei einem Unfall geltend zu machen. Eine Ausnahme kann bestehen, wenn der Leasingnehmer durch eine ausdrückliche Regelung im Vertrag zur Geltendmachung von Ansprüchen ermächtigt wird. Im vorliegenden Fall hat die Leasinggeberin den Kläger ermächtigt, die fahrzeugbezogenen Ansprüche aus dem Schadensfall im eignen Namen geltend zu machen. Daher ist der Kläger aktivlegitimiert.
Materiell-rechtlich sind §823 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und §7 Straßenverkehrsgesetz (StVG) die einschlägigen Anspruchsgrundlagen für den Schadensersatz. Wer nach §823 Abs. 1 BGB vorsätzlich oder fahrlässig das Eigentum eines anderen verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Beschädigt der Halter beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs eine Sache so ist er im Sinne des §7 Abs. 1 StVG verpflichtet, den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Voraussetzungen für einen Schadensersatz liegen unstreitig vor. Das Oberlandesgericht musste letztlich untersuchen, ob den Leasingnehmer ein Mitverschulden am Unfall trifft.
Daher nahm das Gericht hinsichtlich der Haftungsverteilung Stellung. Zum Schutz des fließenden Verkehrs muss man sich beim Ein– oder Aussteigen so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Die Sorgfaltsanforderungen gelten nicht nur für den Zeitraum des Ein– und Aussteigens, sondern auch für alle Vorgänge, die damit im unmittelbaren Zusammenhang stehen, d.h. auch für das Öffnen und Schließen der Tür. Nach Feststellung des Landgerichts habe die Tür 20 cm in die Fahrbahn hineingeragt. Daher hat der Kläger gegen §14 Absatz 1 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) verstoßen. Ihn trifft somit ein Verschulden und er kann nicht vom Schädiger vollständige Erstattung der Reparaturkosten verlangen. Er muss sich zu Hälfte beteiligen.
Sie haben Fragen zu diesem Thema oder sind auch in einem Verkehrsunfall verwickelt? Unsere erfahrenen und kompetenten Rechtsanwälte im Bereich Verkehrsrecht beraten und unterstützen Sie gerne. Melden Sie sich bei uns und vereinbaren Sie einen Termin.
Millionen Menschen stempeln. Jeden Morgen, jeden Abend stecken sie ihre Karte in eine Stechuhr oder halten ihren Chip vor ein Lesegerät und messen so ihre Arbeitszeit. Das passiert vor allem in Schichten oder im öffentlichen Dienst wo linear über acht Stunden gearbeitet wird. Vertreter einiger Branchen hielten das lange für altmodisch. In vielen Bereichen gilt stattdessen die „Vertrauensarbeitszeit“ – vor allem dort, wo unregelmäßig gearbeitet wird, beispielsweise in der Wissenschaft oder beim modernen Mittelständler.
Seit 2019 ist jedoch klar: Die Vertrauensarbeitszeit hat ihre Grenzen. Der EuGH hat in seinem „Stechuhr-Urteil“ klargestellt, dass die Arbeitgeber die geleisteten Arbeitsstunden dokumentieren müssen. Seitdem hat sich allerdings noch nicht viel in Deutschland getan. Jetzt hat das Bundesarbeitsministerium um Hubertus Heil einen Entwurf zur konkreten Umsetzung vorgestellt.
Laut Gesetzentwurf müssen Arbeitgeber „Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer“ am jeweiligen Arbeitstag „elektronisch aufzeichnen“. Die Beschäftigten könnten ihre Arbeitszeit selbst dokumentieren, dies könne aber auch durch „einen Dritten erfolgen“ (z.B. einen Vorgesetzten). Der Arbeitgeber soll den Beschäftigten zudem auf Verlangen über die aufgezeichnete Arbeitszeit informieren. Dennoch sollen die Tarifparteien Ausnahmen vereinbaren können. Eine händische Aufzeichnung in Papierform genüge gleichermaßen. Außerdem könne die Aufzeichnung auch an einem anderen Tag erfolgen, spätestens jedoch bis zum Ablauf des siebten, auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages.
Eine bestimmte Art der elektronischen Aufzeichnung will das Arbeitsministerium nicht vorschreiben. Neben bereits gebräuchlichen Zeiterfassungsgeräten kämen auch andere Formen der elektronischen Aufzeichnung mit Hilfe von elektronischen Anwendungen wie Apps auf einem Mobiltelefon in Betracht. Möglich sei auch eine kollektive Arbeitszeiterfassung durch die Nutzung und Auswertung elektronischer Schichtpläne – falls sich daraus Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit ableiten lassen.
Aufgrund der voranschreitenden Globalisierung und Digitalisierung seien die Arbeitszeiten immer flexibler geworden. Daher komme besonders in einer flexiblen Arbeitswelt der Erfassung der geleisteten Arbeitszeiten eine herausragende Bedeutung zu. Die damit verbundene erleichterte Kontrolle des Arbeitgebers über Einhaltung der gesetzlichen Höchstarbeitszeiten und Mindestruhezeiten leistet einen Beitrag zur Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer. So gab es laut statistischem Bundesamt Jahr 2021 rund 818 bezahlte und 893 Millionen unbezahlte Überstunden in Deutschland.
Nichtsdestotrotz soll die Möglichkeit von Vertrauensarbeitszeit durch die Pflicht zur Arbeitsaufzeichnung nicht beeinträchtigt werden. Gemeint ist damit das flexible Arbeitszeitmodell, bei dem der Arbeitgeber auf die Festlegung von Beginn und Ende der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit verzichtet.
Fazit
Der Gesetzesentwurf wird, je nach Lager, unterschiedlich bewertet. Manche behaupten, der Entwurf schnüre das bürokratische Korsett für die Unternehmen immer weiter zu. Andere hingegen erklären, dass die Arbeitszeiterfassung ein wirksames Instrument für den Gesundheitsschutz und gegen Lohnraub sei. Angesichts der Tatsache, dass sich seit Jahren die Zahl der Überstunden auf einem hohen Niveau eingependelt hat, ist der Gesetzesentwurf im Großen und Ganzen sehr begrüßenswert.
Urteil des OVG Münster vom 17.03.2023, AZ: 4 A 1986/22
Ein Steuerberater, eine Kosmetikstudio-Inhaberin und ein Schnellrestaurant-Betreiber hatten im ersten Corona-Lockdown jeweils 9.000€ Soforthilfe als Selbstständige bzw. Unternehmer erhalten. Nachdem sie bezogen auf den dreimonatigen Bewilligungszeitraum Einnahmen und Ausgaben rückgemeldet hatten, ergingen Schlussbescheide. Damit wurde ein aus dem elektronischen Rückmeldeformular errechneter „Liquiditätsengpass“ festgestellt und die Differenz zwischen diesem und dem ausgezahlten Pauschalbetrag zurückgefordert. Das Land NRW hat später in den Schlussbescheiden jeweils rund 7.000€ zurückgefordert. Hiergegen erhoben die drei Zahlungsempfänger Klage.
Das OVG hat die Schussbescheide des Landes für rechtswidrig erklärt. Die Rückforderungsbescheide sind daher aufzuheben. Das Land habe die Vorgaben der Bewilligungsbescheide, die für die endgültige Festsetzung bindend seien, nicht beachtet. Es sei unklar geblieben, ob mit den Hilfen ausgefallener Umsatz, Zahlungsprobleme oder Unterhalt ersetzt werden sollte. Laut Gericht gehe es einzig um die Milderung von finanziellen Notlagen eines Unternehmens oder Selbstständigen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie; insbesondere zur Überbrückung von Liquiditätsengpässe. Das später vom Land geforderte Rückmeldeverfahren finde in den Bewilligungsbescheiden keine Grundlage. Die darin von dem Zuwendungsempfänger verlangten Angaben waren ungeeignet, um letztlich jeweils zu belassene Förderungssumme unter Berücksichtigung der bindenden Festsetzungen der Bewilligungsbescheide zu bestimmen.
Laut Gericht kann das Land die für die Engpasskompensation verwendeten Hilfen nicht zurückfordern. Es sei aber berechtigt, die den Empfänger letztlich zustehende Soforthilfe in Form von neu zu erlassenden Schlussbescheiden endgültig festzusetzen und die überzahlten Beträge zurückzufordern. Zwar hätten alle Empfänger darauf vertrauen können, dass sie keine Mittel zurückzahlen müssen, die berechtigterweise zur Milderung finanzieller Notlagen oder zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen verwendet worden sind. Dennoch hätte objektiven Empfängern der Bewilligungsbescheide auffallen müssen, dass die Soforthilfe vollumfänglich nur zur Kompensation der unmittelbar durch die Corona-Pandemie ausgelösten wirtschaftlichen Engpässe genutzt werden durfte, entsprechende Mittelverwendungen nachzuweisen und bei Einzelprüfung zu belegen sowie nicht zweckentsprechend benötigte Mittel nachträglich zu ermitteln und zurückzuzahlen waren, so das OVG.
Auswirkungen
Sie haben Fragen zu diesem Thema? Dann kontaktieren Sie uns gerne per E-Mail (info@gc-kanzlei.de) oder telefonisch (06131 – 950090).
Wer ein Auto mit unzulässiger Abschalteinrichtung gekauft hat, hat nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) deutlich bessere Chancen auf Schadensersatz. Autohersteller können auch dann haften, wenn sie ohne Betrugsabsicht fahrlässig gehandelt haben. Das entschied der EuGH in Luxemburg (Urteil vom 21.03.2023, AZ: C-199/21) und versetzte damit den Autoherstellern einen empfindlichen Schlag. Der BGH hatte bislang deutlich industriefreundlicher geurteilt.
Ein privater Käufer hatte vor dem Landgericht Ravensburg gegenüber der Mercedes-Benz Group auf Schadensersatz geklagt. Der Schaden soll dadurch entstanden sein, dass Mercedes das erworbene Diesel-Auto mit einer Software ausgerüstet habe, mit der die Abgasrückführung verringert werde, wenn die Außentemperaturen unter einem bestimmten Schwellenwert liege (sog. Thermofenster). Abschalteinrichtung, die als Folge höhere Stickstoffoxid-Emissionen ausstoßen, sind hinsichtlich leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen verboten.
Hinweis: Es handelt sich nicht um die Abschaltvorrichtung aus dem VW-Dieselskandal 2015, bei dem VW Betrugssoftwares in die Autos eingebaut hatte, damit die Autos bei behördlichen Tests weniger Abgase ausstoßen als im normalen Fahrbetrieb.
Der Europäische Gerichtshof hat sehr verbraucherfreundlich entschieden, indem es die Anforderungen von vorsätzlicher und sittenwidriger Schädigung (§826 BGB) auf fahrlässige Schädigung herabsetzt. Begründet haben sie es wie folgt: wenn der Kunde ein Auto kauft, erhält er vom Hersteller ein Dokument, mit dem er bestätigt, dass das Auto allen Anforderungen entspricht. Das Dokument schütze den Käufer davor, dass der Hersteller seine Pflichten einhält, d.h. auch die Abgaswerte einhält. Mit den Thermofenstern emittiert das Auto höhere Abgaswerte und es kommt zu einer Pflichtverletzung.
Zugleich weisen die Luxemburger Richter darauf hin, dass sie die Frage des Landgericht Ravensburg zum Schadensersatz in Ermangelung unionsrechtlicher Vorschriften nicht entscheiden können. Ob im konkreten Fall die Voraussetzungen für einen Schadensersatz vorliegen und wie hoch ein eventueller Anspruch ausfällt, müssen die nationalen Gerichte festlegen. Zugleich unterstreicht der Gerichtshof, dass die nationalen Vorschriften nicht dazu führen dürfen, dass der Anspruch auf einen angemessenen Schadensersatz übermäßig erschwert oder praktisch unmöglich gemacht wird.
Mit dieser Entscheidung ist der Abgasskandal noch lange nicht abgeschlossen. Durch die Herabsetzung der Anforderungen auf Schadenersatz bei eingebauten Abschalteinrichtungen ist mit einer neuen Klagewelle zu rechnen. Bereits jetzt liegen dem BGH über 1.900 Revisionen und Nichtzulassungsbeschwerden vor. Weiterhin sind viele Fragen offen. Es ist sehr umstritten, welche Abgaseinrichtungen zulässig sind und welche nicht. Am 8.Mai 2023 wird der BGH tagen und dabei untersuchen, wie die unterschiedlichen Rechtssprechungslinien zusammengebracht werden können.
Sie haben Fragen zu diesem Thema? Dann kontaktieren Sie uns gerne per E-Mail (info@gc-kanzlei.de) oder telefonisch (06131 – 950090).
Wenn einer Person bei einem Verkehrsunfall ein körperlicher Schaden entsteht, steht ihr in den meisten Fällen Schmerzensgeld zu. Gleiches gilt, wenn eine Person durch einen Unfall, in dem sie selbst verwickelt war, psychische Verletzungen davonträgt. Anders schaut es hingegen aus, wenn die Person nicht selbst das Opfer eines Unfalls oder einer Verletzung ist, sich gleichwohl aber mit dem Geschehen psychisch konfrontiert sieht. Konkret handelt es sich bei sogenannten Schockschäden um psychische Erkrankungen, die durch Schock ausgelöst werden.
Ein Mädchen wurde im Alter von 5 Jahren von einem Fremden sexuell misshandelt. Während den Ermittlungen und des Gerichtsverfahrens musste sich der Vater mit dem Schicksal seiner Tochter auseinandersetzen, woraufhin bei ihm eine Anpassungsstörung (ICD-10 F4 3 – 2) diagnostiziert wurde. Daraufhin war er für mehr als ein Jahr arbeitsunfähig gewesen.
Bislang wurden an die Geltendmachung eines Anspruchs durch Schockschäden hohe Anforderungen gesetzt. Es mussten zwei Bedingungen gleichzeitig erfüllt sein. Zum einen musste der Betroffener die psychische Erkrankung infolge des Schicksals des Angehörigen darlegen und beweisen, zum anderen wurde für den Schockschaden immer ein außergewöhnlich hohes Ausmaß der psychischen Beeinträchtigung gefordert. Das bedeutet, dass die Folgen schwerwiegender sein müssen, als bei einer ähnlichen Schreckensnachricht üblicherweise zu erwarten gewesen wäre.
Der BGH hat in seiner Entscheidung über den oben geschilderten Fall die Anforderung an Ansprüche aus Schockschäden herabgesetzt, indem er die letztere Bedingung beseitigte. Ist eine psychische Beeinträchtigung pathologisch fassbar (d.h. kann sie diagnostiziert werden), ist die Gesundheitsverletzung, unabhängig vom Schwergrad der psychischen Beeinträchtigung, zu bejahen.
Durch das jüngste Urteil des BGHs wurden die Rechte derjenigen gestärkt, die aufgrund von Schockschäden psychische Beeinträchtigungen erlitten. Damit kommt es zu einer gerechten Gleichstellung zwischen physischen und psychischen Schäden. Allerdings muss weiterhin die psychische Beeinträchtigung bewiesen werden, andernfalls drohe dem Schädiger eine uferlose Haftung.
Dennoch sollten sich die Geschädigten bei der Summe des Schmerzensgeldes nicht allzu große Hoffnungen machen. Als ein Mann seine Ehefrau bei einem Motorradunfall verlor und aufgrund dessen unter starken Depressionen litt, sprach das Gericht ihm ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000€ zu. Das ist meist ein schwaches Trostpflaster.
Pro Jahr ereignen sich rund 250.000 Wildunfälle auf deutschen Straßen. Dabei ist nicht jeder Unfall im Zusammenhang mit einem Tier in freier Wildbahn ein Wildunfall. Ein Wildunfall liegt üblicherweise nur dann vor, wenn durch den Zusammenprall mit einem Haarwild ein Schaden am Fahrzeug entsteht. Um Haarwild handelt es sich bei Rehe, Hirsche, Wildschweine, Füchse und Hasen. Schäden durch Kühe, Pferde, Hunde Katzen oder Vögel werden daher nicht als Wildunfall deklariert. Die hierdurch entstanden Kosten am Fahrzeug trägt in der Regel die Versicherung.
Versicherungstechnisch problematischer liegt der Fall, wenn man durch ein Ausweichmanöver einen direkten Zusammenprall mit dem Wild vermieden hat, gleichwohl ein Schaden am Fahrzeug eingetreten ist (z.B., wenn man gegen eine Leitplanke gefahren ist). Praktisch handelt es sich meist um schwer nachweisbare Fälle, da der Geschädigte häufig allein unterwegs ist. Ihm stehen folglich sehr beschränkte Beweismöglichkeiten zur Verfügung. Dem Unfallverursacher bleibt dann allenfalls ein Rückgriff auf eine (falls vorhandene) Vollkaskoversicherung übrig. Von einer Selbstbeteiligung bleibt man dabei nicht verschont. Darüber hinaus kommt es zur Rückstufung, sofern kein Rabattschutz oder Rabattretter existiert.
Das OLG Saarbrücken, hatte sich nun mit dem Fall eines Ausweichmanövers beschäftigen müssen und dabei Voraussetzungen genannt, unter denen der eingetretene Schaden aufgrund eines Ausweichmanövers von der Versicherung erstattungsfähig ist.
1. Darlegungs– und Beweislast des Versicherungsnehmers
Als Versicherungsnehmer genügt es, wenn man die Anwesenheit von Wild in naher Entfernung wahrgenommen hat und das Fahrverhalten dementsprechend anpasst, um eine mögliche Kollision zu verhindern. Das genaue Verhalten des Tieres muss hierbei nicht analysiert werden. Jedoch muss nach Beurteilung der Umstände eine objektive Befürchtung bestehen, dass das Wild auf die Fahrbahn läuft und ein Zusammenstoß provozieren könnte. Ob das Tier auch sicher auf die Fahrbahn laufen würden, ist dabei unerheblich.
2. Reflexhandlung genügt als Rettungshandlung
Für die Annahme einer Rettungshandlung genügt es, wenn sie objektiv den Schaden verhindern/mindern soll. Ein subjektiv „bewusster“ Rettungswille ist dabei nicht erforderlich, d.h., dass auch Reflexhandlungen eine Rettungshandlung darstellen können (z.B. instinktiv schnelles Herumreißen des Lenkers).
3. „Gebotenheit“ der Rettungsmaßnahme
Zudem muss das Ausweichmanöver geboten sein. Bei der Beurteilung der Gebotenheit sind insbesondere Umstände wie die Größe des Tieres, die Geschwindigkeit des Fahrzeugs und ein möglicher Gegenverkehr zu berücksichtigen. So kann eine Gebotenheit bejaht werden, wenn man bei erhöhter Geschwindigkeit eine Kollision mit einem größeren Tier zu befürchten hat.
4. Keine vollständig übereinstimmenden Aussagen sind kein Ausschlussgrund
Sollte der Fahrer bei dem Unfall einen Beifahrer neben sich sitzen haben, ist es kein Ausschlusskriterium, wenn die Schilderung der beteiligten Personen über die Umstände gegenüber der Polizei/Versicherung divergieren. Oftmals erkennt der Fahrer aufgrund der höheren Aufmerksamkeit auf den Straßenverkehr die Gefahr früher als sein Beifahrer. Zudem nimmt jeder die Sekunden vor, während und nach dem Unfallgeschehen unterschiedlich wahr. Solange das Kerngeschehen der Aussagen übereinstimmt, ist eine Abweichung unerheblich
Hinweis:
Liegen die Voraussetzungen vor, kann der Geschädigte nicht nur die Reparaturkosten des Fahrzeugs ersetzt verlangen, sondern auch etwaige Schäden an Schutzkleidern oder Kleidungsstücken. Das ist insbesondere dann einschlägig, wenn man mit dem Motorrad unterwegs ist und die Motorrad-Schutzkleidung und der Helm beschädigt ist
Etwaige Beifahrer haben gleichermaßen einen Schadensersatzanspruch.
„Blitzer-Apps“ warnen durch Audiosignal vor Radarkontrollen. Viele Pendler und chronische Zuschnellfahrer können sich eine längere Fahrt oder eine Fahrt in unbekannten Gegenden gar nicht mehr ohne ein solches Frühwarnsystem vorstellen. Dennoch ist ihrer Nutzung während der Fahrt nicht erlaubt. Schließlich heißt es in der Straßenverkehrsordnung, dass der Fahrzeugführer ein technisches Gerät nicht betreiben oder betriebsbereit mitführen darf, das dafür bestimmt ist, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen.
Das OLG Karlsruhe musste nun darüber entschieden, wie es sich auswirkt, wenn nicht der Fahrer, sondern ein Beifahrer eine „Blitzer App“ zur Anzeige von Verkehrsüberwachungsmaßnahmen aktiviert hat. Nach Ansicht des Gerichts stelle dies eine gleichermaßen unzulässige Nutzung dar, wenn der Beifahrer die App geöffnet habe und der Fahrer mit der Nutzung einverstanden sei. Dabei müsse der Fahrer das technische Gerät nicht selbst bedienen. Es genüge vielmehr jedes Handeln, mit dem sich der Fahrer die verbotene Funktion zunutze macht. Schließlich profitiert der Fahrer durch das Warnsignal der Blitzer-App des Beifahrers, in dem er bereits auf das Vorhandensein (oder Nichtvorhandensein) eines Blitzers aufmerksam wird.
Es ist nicht verwunderlich, dass das Gericht die Nutzung einer „Blitzer-App“ auch für Beifahrer verbietet. Es erscheint sinnfrei, wenn man die Nutzung einer solchen App dem Fahrer untersagt, dem Beifahrer aber gestattet. Der Fahrer wird durch das Signal gleichermaßen gewarnt wie der Beifahrer. Abzuwarten ist die Reaktion von einzelnen Navigationsgerät-Herstellern, die auch Blitzerwarnsysteme in ihren Geräten verbauen.
Weiterhin ist es möglich, vor Fahrtantritt die „Blitzer-App“ zu öffnen und sich über die Route mitsamt Blitzer zu informieren.
Vier von fünf Autofahrern wurden schon einmal geblitzt. Das anfallende Bußgeld kann dabei gut und gerne über 100€ betragen. Besonders ärgerlich ist es, wenn dabei noch ein Fahrverbot droht. Nicht selten kommt es deshalb vor, dass die Betroffenen dagegen Einspruch einlegen und versuchen, mit allen Mitteln dem Bußgeld und einem eventuellen Fahrverbot zu entgehen. So erging es auch einem Autofahrer, der außerhalb geschlossener Ortschaften mit 44km/h über der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit geblitzt wurde. Als Folge ordnete die zuständige Behörde ein einmonatiges Fahrverbot und 160€ Bußgeld an. Der Mann forderte die Übermittlung der Ermittlungsakte, der Rohmessdaten sowie der Lebensakte und der Wartungs-/ Reparatur-/Eichnachweise des Messgeräts. Die Behörde stellte dem Beschwerdeführer zwar die Ermittlungsakte sowie einige der gewünschten Rohmessdaten zur Verfügung, eine Einsichtnahme in die Lebensakte und die Wartungs-/ Reparatur-/Eichnachweise des Messgeräts verwehrte sie hingegen. Als Begründung gab sie an, dass die Beweiserhebung als zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich anzusehen sei.
Der Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg sah darin eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren. Durch die Nichteinsichtnahme werde dem Betroffenen der Zugang zu den bei der Bußgeldbehörde vorhandenen Informationen entzogen. Der Beschuldigte habe jedoch ein Recht auf eine umfassende Würdigung der Beweismittel und Ermittlungsvorgängen. Insbesondere kann er die erhobenen Vorwürfe (überhöhte Geschwindigkeit) nicht auf ihre Richtigkeit überprüfen. Indem die Behörde ihm diese Einsichtsmöglichkeit verwehrt, kann er nicht ausreichend Einfluss auf den Gang und das Ergebnis des Verfahrens nehmen. Dies widerspreche dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit.
Die Sache wurde an das Amtsgericht zurückgewiesen. Dieses muss dem Beklagten nun die Einsichtnahme in die Wartungs-/ Reparatur-/Eichnachweise des Messgeräts gewähren. Falls die Akten hierzu unvollständig oder fehlerhaft sind, kann der Beklagte damit rechnen, dass der Vorwurf fallen gelassen wird. Dabei ist irrelevant, ob er tatsächlich 44km/h zu schnell gefahren ist oder nicht.
Bereits in den ersten Fahrstunden wird einem die „rechts vor links“ Regelung beigebracht. Sofern es um Vorfahrtsfragen geht und keine Schilder ersichtlich sind, hat derjenige Vorfahrt, der von rechts kommt. Jetzt musste der BGH nach einem Unfall auf einem Parkplatz entscheiden, ob die „rechts vor links“ Regelung auch dort gilt.
Nach der Ansicht des höchsten deutschen Gerichts ist dies nicht der Fall. Grundsätzlich gilt die „rechts vor links“ Regelung nicht bei Parkplätzen. Vielmehr ist das Gebot der gegenteiligen Rücksichtnahme anzuwenden. Schließlich komme einem von allen Seiten befahrenen Parkplatz mitsamt seinen Parkbuchten und Fahrspuren, keinen Straßencharakter zu. Der Sinn einer Straße ist die zügige Verkehrsabwicklung. Diesen Zweck kann ein Parkplatz nicht erfüllen. Auf einem solchen entstehen Ein– und Ausparkvorgänge. Ebenso wird er von Fußgängern genutzt. Insofern kann das Problem über die Vorfahrt nur über eine Verständigung geregelt werden (Bsp.: Kopfnicken, Handzeichen oder Lichthupe). Auch wenn das in der Praxis meist nicht Fall ist, hat ein von rechts kommender Fahrzeugführer genauso Sorgfalt zu wahren wie ein von links Kommender. Insbesondere ist dem Linksstehenden keine höhere Sorgfaltspflicht aufzulegen als dem Rechtsstehenden.
Auf Parkplätzen kommt nur dann die „rechts vor links“ Regelung zur Anwendung, wenn die Fahrbahn Straßencharakter hat. Das könnte beispielsweise dann der Fall sein, wenn bestimmte Strecken aufgrund der örtlichen Gegebenheiten eindeutig erkennbar der Zu– und Abfahrt dienen.
Tipp: Falls Sie sich als Geschädigter eines Parkplatzunfalls auf die „rechts vor links“ Regelung berufen, ist es besonders empfehlenswert die Gegebenheiten des Standorts möglichst genau zu dokumentieren. So können Sie einen möglichen Straßencharakter am ehesten nachweisen.
Sie haben Fragen zu diesem Thema? Dann kontaktieren Sie uns gerne per E-Mail (info@gc-kanzlei.de) oder telefonisch (06131 – 950090).
Wenn einer Person bei einem Verkehrsunfall ein körperlicher Schaden entsteht, steht ihr in den meisten Fällen Schmerzensgeld zu. Gleiches gilt, wenn eine Person durch einen Unfall, in dem sie selbst verwickelt, war psychische Verletzungen davonträgt. Anders schaut es hingegen aus, wenn die Person nicht selbst das Opfer eines Unfalls oder einer Verletzung ist, sich gleichwohl aber mit dem Geschehen psychisch konfrontiert sieht. Konkret handelt es sich bei sogenannten Schockschäden um psychische Erkrankungen, die durch Schock ausgelöst werden.
Die Tochter eines Vaters wurde im Alter von 5 Jahren von einem Fremden sexuell misshandelt. Während den Ermittlungen und des Gerichtsverfahrens konnte sich der Vater mit dem Schicksal seiner Tochter auseinandersetzen, woraufhin ihm eine Anpassungsstörung (ICD-10 F4 3 – 2) diagnostiziert wurde. Daraufhin war er für mehr als ein Jahr arbeitsunfähig gewesen.
Bislang wurden an die Geltendmachung eines Anspruchs durch Schockschäden hohe Anforderungen gesetzt. Es mussten zwei Bedingungen gleichzeitig erfüllt sein. Zum einen musste der Betroffener die psychische Erkrankung infolge des Schicksal des Angehörigen darlegen und beweisen, zum anderen wurde für den Schockschaden immer ein außergewöhnlich hohes Ausmaß der psychischen Beeinträchtigung gefordert. Das bedeutet, dass die Folgen schwerwiegender sein müssen, als bei einer ähnlichen Schreckensnachricht üblicherweise zu erwarten gewesen wäre.
Der BGH hat in seiner Entscheidung über den oben geschilderten Fall die Anforderung an Ansprüche aus Schockschäden herabgesetzt, indem er die letztere Bedingung beseitigte. Ist eine psychische Beeinträchtigung pathologisch fassbar (d.h. kann sie diagnostiziert werden), ist die Gesundheitsverletzung, unabhängig vom Schwergrad der psychischen Beeinträchtigung, zu bejahen.
Durch das jüngste Urteil des BGHs wurden die Rechte derjenige gestärkt, die aufgrund von Schockschäden psychische Beeinträchtigungen erlitten. Damit kommt es zu einer gerechten Gleichstellung zwischen physischen und psychischen Schäden. Allerdings muss weiterhin die psychische Beeinträchtigung bewiesen werden, andernfalls drohe dem Schädiger eine uferlose Haftung.
Dennoch sollten sich die Geschädigten bei der Summe des Schmerzensgeldes nicht allzu große Hoffnungen machen. Als ein Mann seine Ehefrau bei einem Motorradunfall verlor und aufgrund dessen unter starken Depressionen litt, sprach das Gericht ihm ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000€ zu. Das ist meist ein schwaches Trostpflaster.