Elektronische Zeiterfassung für Beschäftigte – Inhalt des Gesetzesentwurfs

Hin­ter­grund

Mil­lio­nen Men­schen stem­peln. Jeden Mor­gen, jeden Abend ste­cken sie ihre Karte in eine Stech­uhr oder hal­ten ihren Chip vor ein Lese­ge­rät und mes­sen so ihre Arbeits­zeit. Das pas­siert vor allem in Schich­ten oder im öffent­li­chen Dienst wo linear über acht Stun­den gear­bei­tet wird. Ver­tre­ter eini­ger Bran­chen hiel­ten das lange für alt­mo­disch. In vie­len Berei­chen gilt statt­des­sen die „Ver­trau­ens­ar­beits­zeit“ – vor allem dort, wo unre­gel­mä­ßig gear­bei­tet wird, bei­spiels­weise in der Wis­sen­schaft oder beim moder­nen Mit­tel­ständ­ler.

Seit 2019 ist jedoch klar: Die Ver­trau­ens­ar­beits­zeit hat ihre Gren­zen. Der EuGH hat in sei­nem „Stechuhr-​​Urteil“ klar­ge­stellt, dass die Arbeit­ge­ber die geleis­te­ten Arbeits­stun­den doku­men­tie­ren müs­sen. Seit­dem hat sich aller­dings noch nicht viel in Deutsch­land getan. Jetzt hat das Bun­des­ar­beits­mi­nis­te­rium um Huber­tus Heil einen Ent­wurf zur kon­kre­ten Umset­zung vor­ge­stellt.

Tarif­part­ner sol­len Aus­nah­men ver­ein­ba­ren kön­nen

Laut Gesetz­ent­wurf müs­sen Arbeit­ge­ber „Beginn, Ende und Dauer der täg­li­chen Arbeits­zeit der Arbeit­neh­mer“ am jewei­li­gen Arbeits­tag „elek­tro­nisch auf­zeich­nen“. Die Beschäf­tig­ten könn­ten ihre Arbeits­zeit selbst doku­men­tie­ren, dies könne aber auch durch „einen Drit­ten erfol­gen“ (z.B. einen Vor­ge­setz­ten). Der Arbeit­ge­ber soll den Beschäf­tig­ten zudem auf Ver­lan­gen über die auf­ge­zeich­nete Arbeits­zeit infor­mie­ren. Den­noch sol­len die Tarif­par­teien Aus­nah­men ver­ein­ba­ren kön­nen. Eine hän­di­sche Auf­zeich­nung in Papier­form genüge glei­cher­ma­ßen. Außer­dem könne die Auf­zeich­nung auch an einem ande­ren Tag erfol­gen, spä­tes­tens jedoch bis zum Ablauf des sieb­ten, auf den Tag der Arbeits­leis­tung fol­gen­den Kalen­der­ta­ges.

Art elek­tro­ni­scher Auf­zeich­nung soll nicht vor­ge­ge­ben wer­den

Eine bestimmte Art der elek­tro­ni­schen Auf­zeich­nung will das Arbeits­mi­nis­te­rium nicht vor­schrei­ben. Neben bereits gebräuch­li­chen Zeit­er­fas­sungs­ge­rä­ten kämen auch andere For­men der elek­tro­ni­schen Auf­zeich­nung mit Hilfe von elek­tro­ni­schen Anwen­dun­gen wie Apps auf einem Mobil­te­le­fon in Betracht. Mög­lich sei auch eine kol­lek­tive Arbeits­zeit­er­fas­sung durch die Nut­zung und Aus­wer­tung elek­tro­ni­scher Schicht­pläne – falls sich dar­aus Beginn, Ende und Dauer der täg­li­chen Arbeits­zeit ablei­ten las­sen.

Fle­xi­blere Arbeits­welt erfor­dert bes­sere Erfas­sung der Arbeits­zeit

Auf­grund der vor­an­schrei­ten­den Glo­ba­li­sie­rung und Digi­ta­li­sie­rung seien die Arbeits­zei­ten immer fle­xi­bler gewor­den. Daher komme beson­ders in einer fle­xi­blen Arbeits­welt der Erfas­sung der geleis­te­ten Arbeits­zei­ten eine her­aus­ra­gende Bedeu­tung zu. Die damit ver­bun­dene erleich­terte Kon­trolle des Arbeit­ge­bers über Ein­hal­tung der gesetz­li­chen Höchst­ar­beits­zei­ten und Min­destru­he­zei­ten leis­tet einen Bei­trag zur Gesund­heit und Sicher­heit der Arbeit­neh­mer. So gab es laut sta­tis­ti­schem Bun­des­amt Jahr 2021 rund 818 bezahlte und 893 Mil­lio­nen unbe­zahlte Über­stun­den in Deutsch­land.

Ver­trau­ens­ar­beits­zeit soll wei­ter­hin mög­lich blei­ben

Nichts­des­to­trotz soll die Mög­lich­keit von Ver­trau­ens­ar­beits­zeit durch die Pflicht zur Arbeits­auf­zeich­nung nicht beein­träch­tigt wer­den. Gemeint ist damit das fle­xi­ble Arbeits­zeit­mo­dell, bei dem der Arbeit­ge­ber auf die Fest­le­gung von Beginn und Ende der ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Arbeits­zeit ver­zich­tet.


 

Fazit

Der Geset­zes­ent­wurf wird, je nach Lager, unter­schied­lich bewer­tet. Man­che behaup­ten, der Ent­wurf schnüre das büro­kra­ti­sche Kor­sett für die Unter­neh­men immer wei­ter zu. Andere hin­ge­gen erklä­ren, dass die Arbeits­zeit­er­fas­sung ein wirk­sa­mes Instru­ment für den Gesund­heits­schutz und gegen Lohn­raub sei. Ange­sichts der Tat­sa­che, dass sich seit Jah­ren die Zahl der Über­stun­den auf einem hohen Niveau ein­ge­pen­delt hat, ist der Geset­zes­ent­wurf im Gro­ßen und Gan­zen sehr begrü­ßens­wert.