Haftung eines Organs für unerlaubte Bankgeschäfte

Sach­ver­halt

Der Klä­ger macht Scha­dens­er­satz­an­sprü­che in Höhe von 50.000 Euro wegen geschei­te­ter Inves­ti­tio­nen in Toch­ter­ge­sell­schaf­ten einer Akti­en­ge­sell­schaft (AG) in der Schweiz gel­tend. Der Beklagte war „Direk­tor“ der AG und Geschäfts­füh­rer der Toch­ter­ge­sell­schaf­ten, die als Pro­jekt­ge­sell­schaf­ten Immo­bi­li­en­pro­jekte durch­füh­ren sollte. Inzwi­schen sind sowohl die AG als auch deren Toch­ter­ge­sell­schaf­ten insol­vent. Kei­ner die­ser Gesell­schaf­ten ver­fügte über eine Erlaub­nis zum Betrieb von Bank­ge­schäf­ten nach § 32 Kre­dit­we­sen­ge­setz (KWG). Am 6.04.2018 schloss der Klä­ger, mit der AG einen „Betei­li­gungs­ver­trag“ und inves­tierte dar­aus resul­tie­rend 50.000 Euro in ein bestimm­tes Pro­jekt. Der Ver­trag sah eine Lauf­zeit von 24 Mona­ten, eine Ver­pflich­tung „zur voll­stän­di­gen Rück­zah­lung der Inves­ti­ti­ons­summe bis spä­tes­tens zum Ende der vor­ge­nann­ten Fest­le­gungs­frist“ und eine feste Ver­zin­sung von 6% p.a. vor. Der Klä­ger behaup­tete, die AG sei eine reine Brief­kas­ten­firma gewe­sen. Der „Direk­tor“ wandte ein, er habe von den „Betei­li­gungs­ver­trä­gen“ nichts gewusst. Ihm sei nur ein ein­ge­schränk­ter Auf­ga­ben­be­reich über­tra­gen gewe­sen. Er habe als Archi­tekt die Bau­pro­jekte nur in tech­ni­scher Hin­sicht gelei­tet und über­wacht. Die Wahr­neh­mung von Auf­ga­ben im finan­zi­el­len Bereich sei ihm nicht über­tra­gen gewe­sen.

 

LG und OLG beja­hen Haf­tung des Direk­tors

Sowohl das Land­ge­richt als auch das Ober­lan­des­ge­richt gaben der Klage statt und bejah­ten eine Haf­tung des „Direk­tors“ als Organ der AG.

BGH: Direk­tor müsse Ver­stoß gegen § 32 KWG ver­schul­den haben

Auf die Revi­sion des Beklag­ten hob der BGH (Urteil vom 9.11.2023 – III ZR 105/​22) den Beschluss des OLG auf und ver­wies die Sache zur neuen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung dort­hin zurück. Die objek­tive Organ­stel­lung genüge nicht, um eine Haf­tung zu begrün­den. Der „Direk­tor“ müsse den Ver­stoß gegen § 32 KWG auch ver­schul­det haben, wel­ches geson­dert fest­ge­stellt wer­den muss.

 

Dele­gie­rung kann zu Haf­tungs­be­schrän­kung füh­ren

Den Geschäfts­lei­ter tref­fen weit­rei­chende Sorg­falts­pflich­ten. Diese schlie­ßen eine Dele­ga­tion von Auf­ga­ben und damit eine Über­tra­gung von Ver­ant­wor­tung nicht aus. So kön­nen etwa interne Zustän­dig­keits­re­ge­lun­gen in der Geschäfts­lei­tung einer Gesell­schaft mit beschränk­ter Haf­tung zwar nicht zu einer Auf­he­bung, wohl aber zu einer Beschrän­kung der straf– und haf­tungs­recht­li­chen Ver­ant­wort­lich­keit füh­ren. Grund­ge­danke die­ser Rege­lung ist, dass der Geschäfts­füh­rer den ihm zukom­men­den Hand­lungs­pflich­ten für die Gesell­schaft als Gan­zes auf unter­schied­li­che Weise nach­kom­men kann. Auch durch orga­ni­sa­to­ri­sche Maß­nah­men kann er zur Erfül­lung der der Gesell­schaft oblie­gen­den Pflich­ten bei­tra­gen, indem er etwa an einer Rege­lung mit­wirkt, durch die jedem Geschäfts­füh­rer bestimmte Auf­ga­ben zuge­wie­sen wer­den. Durch eine der­ar­tige Auf­tei­lung der Geschäfte wird die Ver­ant­wort­lich­keit des nicht betrof­fe­nen Geschäfts­füh­rers nach innen und außen beschränkt, denn im All­ge­mei­nen kann er sich dar­auf ver­las­sen, dass der zustän­dige Geschäfts­füh­rer die ihm zuge­wie­se­nen Auf­ga­ben erle­digt.

 

Geschäfts­füh­rer muss bei Anhalts­punk­ten ein­schrei­ten

Nichts­des­to­trotz ver­blei­ben dem nicht betrof­fe­nen Geschäfts­füh­rer in jedem Fall kraft sei­ner All­zu­stän­dig­keit gewisse Über­wa­chungs­pflich­ten, die ihm zum Ein­grei­fen ver­an­las­sen müs­sen, wenn Anhalts­punkte dafür beste­hen, dass die Erfül­lung der der Gesell­schaft oblie­gen­den Auf­ga­ben durch den zustän­di­gen Geschäfts­füh­rer nicht mehr gewähr­leis­tet ist.

Ob der „Direk­tor“ für den Ver­trag ver­ant­wort­lich gewe­sen sei, sei aber offen und bedürfe wei­te­rer Fest­stel­lun­gen. Auch müsse unter­sucht wer­den, ob der Geschäfts­füh­rer tat­säch­lich keine Kennt­nis von den Ver­trä­gen hatte. Dass er gewusst habe, dass die AG Gel­der ein­warb, lasse für sich nicht den Schluss zu, es sei für ihn erkenn­bar gewe­sen, dass die Gesell­schaft Ein­la­gen– und damit Bank­ge­schäfte betrieb.