Haftungsverteilung bei Kollision mit einer bereits länger geöffneten Fahrzeugtür

Sach­ver­halt

Der Fah­rer eines geleas­ten Audi Q5 parkte auf der rech­ten Stra­ßen­seite in einer Park­bucht. Beim Vor­bei­fah­ren kol­li­dierte ein Auto­fah­rer mit der lin­ken hin­te­ren Tür des Audis. Dar­auf­hin ver­klagte der Audi Fah­rer den Schä­di­ger auf Scha­dens­er­satz. Der Klä­ger behaup­tet, er habe die linke hin­tere Tür nur einen Spalt weit geöff­net, um Gegen­stände von der Rück­bank zu ent­neh­men. Die Tür habe nicht in den Fahr­bahn­be­reich hin­ein­ge­ragt. Der Unfall sei damit für den Klä­ger unab­wend­bar gewe­sen. Die Beklagte hin­ge­gen äußerte, dass sie die offene Fah­rer­tür des Audis wahr­ge­nom­men habe und daher höchs­tens mit 10 – 15 km/​h und aus­rei­chen­dem Sicher­heits­ab­stand am Fahr­zeug vor­bei­fuhr. Zur Kol­li­sion kam es nur, weil der Klä­ger wäh­rend der Vor­bei­fahrt die Türe wei­ter (unab­sicht­lich) geöff­net habe.

Das Land­ge­richt Saar­brü­cken hatte eine Haf­tungs­ver­tei­lung 50:50 vor­ge­nom­men. Die Klä­ge­rin begehrte vor dem Ober­lan­des­ge­richt Saar­brü­cken vol­len Ersatz und ging in Beru­fung.

 

Lea­sing­neh­mer durch Ver­trag aktiv­le­gi­ti­miert

Zunächst setzt sich das Gericht (OLG Saar­brü­cken, Urteil vom 24.03.2023 – 3 U 9/​23) mit der Aktiv­le­gi­ti­ma­tion des Klä­gers aus­ein­an­der. Die Aktiv­le­gi­ti­ma­tion ist die Befug­nis einer Per­son, ein bestimm­tes Recht (hier: Scha­dens­er­satz) vor Gericht gel­tend zu machen. Wer aktiv legi­ti­miert ist, kann als Klä­ger in einem Gerichts­ver­fah­ren auf­tre­ten und seine Ansprü­che gel­tend machen.

Bei Lea­sing­fahr­zeu­gen ist in der Regel der Lea­sing­ge­ber (meist Lea­sing­un­ter­neh­men) Eigen­tü­mer des Fahr­zeugs, wäh­rend der Lea­sing­neh­mer (hier: der Klä­ger) ledig­lich einen Nut­zungs­ver­trag hat. Meist ist der Lea­sing­neh­mer nicht aktiv­le­gi­ti­miert um Ansprü­che gegen Dritte bei einem Unfall gel­tend zu machen. Eine Aus­nahme kann beste­hen, wenn der Lea­sing­neh­mer durch eine aus­drück­li­che Rege­lung im Ver­trag zur Gel­tend­ma­chung von Ansprü­chen ermäch­tigt wird. Im vor­lie­gen­den Fall hat die Lea­sing­ge­be­rin den Klä­ger ermäch­tigt, die fahr­zeug­be­zo­ge­nen Ansprü­che aus dem Scha­dens­fall im eig­nen Namen gel­tend zu machen. Daher ist der Klä­ger aktiv­le­gi­ti­miert.

Materiell-​​rechtlich sind §823 Absatz 1 Bür­ger­li­ches Gesetz­buch (BGB) und §7 Stra­ßen­ver­kehrs­ge­setz (StVG) die ein­schlä­gi­gen Anspruchs­grund­la­gen für den Scha­dens­er­satz. Wer nach §823 Abs. 1 BGB vor­sätz­lich oder fahr­läs­sig das Eigen­tum eines ande­ren ver­letzt, ist dem ande­ren zum Ersatz des dar­aus ent­ste­hen­den Scha­dens ver­pflich­tet. Beschä­digt der Hal­ter beim Betrieb eines Kraft­fahr­zeugs eine Sache so ist er im Sinne des §7 Abs. 1 StVG ver­pflich­tet, den dar­aus ent­ste­hen­den Scha­den zu erset­zen. Die Vor­aus­set­zun­gen für einen Scha­dens­er­satz lie­gen unstrei­tig vor. Das Ober­lan­des­ge­richt musste letzt­lich unter­su­chen, ob den Lea­sing­neh­mer ein Mit­ver­schul­den am Unfall trifft.

 

Mit­ver­schul­den, wenn bei einem Unfall Tür in den Stra­ßen­ver­kehr hin­ein­ragt

Daher nahm das Gericht hin­sicht­lich der Haf­tungs­ver­tei­lung Stel­lung. Zum Schutz des flie­ßen­den Ver­kehrs muss man sich beim Ein– oder Aus­stei­gen so ver­hal­ten, dass eine Gefähr­dung ande­rer Ver­kehrs­teil­neh­mer aus­ge­schlos­sen ist. Die Sorg­falts­an­for­de­run­gen gel­ten nicht nur für den Zeit­raum des Ein– und Aus­stei­gens, son­dern auch für alle Vor­gänge, die damit im unmit­tel­ba­ren Zusam­men­hang ste­hen, d.h. auch für das Öff­nen und Schlie­ßen der Tür. Nach Fest­stel­lung des Land­ge­richts habe die Tür 20 cm in die Fahr­bahn hin­ein­ge­ragt. Daher hat der Klä­ger gegen §14 Absatz 1 Straßenverkehrs-​​Ordnung (StVO) ver­sto­ßen. Ihn trifft somit ein Ver­schul­den und er kann nicht vom Schä­di­ger voll­stän­dige Erstat­tung der Repa­ra­tur­kos­ten ver­lan­gen. Er muss sich zu Hälfte betei­li­gen.

 

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