Mietrecht: Wohnung darf in Teilen untervermietet werden
Hintergrund – Gebrauchsüberlassung an Dritte
Gemäß §553 Abs. 1 BGB kann der Mieter einen Teil des Wohnraums an Dritte zum Gebrauch überlassen. Hierzu bedarf es das Einverständnis des Vermieters. Sollte sich der Vermeinter weigern, kann der Mieter wählen, ob er das Mietverhältnis kündigt oder die Erlaubnis des Vermieters erzwingt. Der Mieter muss allerdings für die Untervermietung ein berechtigtes Interesse nachweisen. Darüber hinaus darf die Gebrauchsüberlassung an Dritte für den Vermieter nicht unzumutbar sein.
Sachverhalt
Der Mieter hat 2014 einen Mietvertrag über eine Dreizimmerwohnung in Berlin abgeschlossen. Nachdem er zunächst allein in die Wohnung eingezogen war, bewohnte er die Wohnung später zusammen mit seiner Ehefrau und einem gemeinsamen Kind. Nach der Geburt des zweiten Kindes zog die Familie in eine 17 km entfernte Doppelhaushälfte. Die Berliner Wohnung behielt der Mieter bei und erläuterte, von dort aus seine Arbeitsstätte in zehn Gehminuten erreichen zu können. Als Geschäftsführer einer Spedition für Geschäfte in Lateinamerika und den Mittleren Osten müsse er aufgrund der Zeitverschiebung oft nachts arbeiten. Deshalb behält er ein Zimmer der Wohnung für sich und vermietet die anderen beiden Zimmer unter. Der Vermieter erklärte sein Einverständnis zur Untervermietung für ein Jahr. Eine Verlängerung verweigerte er jedoch. Hiergegen klagte der Mieter. Während das Amtsgericht Mitte den Vermieter zur Zustimmung verurteilte, hob das Landgericht (LG) Berlin das Urteil wieder auf und verneinte das berechtigte Interesse des Geschäftsführers an der Untervermietung. Bei der streitgegenständlichen Wohnung solle es sich nach Ansicht des LG dauerhaft um einen Nebenwohnsitz handeln. Der Bundesgerichtshof (BGH) gab der Revision des Mieters statt und verwies die Sache erneut zurück an das Landgericht.
Rechtliche Einordnung
Der BGH (Urteil vom 27.09.2023 – VIII ZR 88/22) erläutere, dass ein berechtigtes Interesse des Mieters schon immer dann anzunehmen sei, wenn vernünftige Gründe zur Überlassung eines Teils der Wohnung an Dritte bestehen, es sei denn, dieses Interesse stehe nicht im Einklang mit der geltenden Rechtsordnung. Die Kostenentlastung dadurch, dass ein Untervermieter faktisch einen Teil des Mietzinses übernimmt, sei nach Überzeugung des höchsten deutschen Gerichts ein klassischer Fall des berechtigten Interesses.
Frage nach dem Gewahrsam entscheidend
Die Richterinnen und Richter in Karlsruhe betonen, dass die Frage, ob die Wohnung als Hauptwohnsitz oder nur als Nebenwohnung genutzt werde, nicht relevant sei. Entscheidend sei allein, dass der Mieter den Gewahrsam an der Wohnung nicht vollständig aufgibt. Ob die Wohnung nach der Untervermietung noch den Lebensmittelpunkt des Mieters bildet, spielt nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ebenfalls keine Rolle. Der Mieter sei vertraglich nicht dazu verpflichtet, seinen Hauptwohnsitz dort zu nehmen, sondern kann die Wohnung nach seinen eigenen Vorstellungen nutzen.
Interessen des Mieters grundsätzlich vorrangig
Die Annahme des Landgerichts Berlin, der Gesetzgeber habe lediglich den Bestand eines einzelnen Mietverhältnisses schützen wollen und nicht die Interessen von Mietern mehrerer Objekte, weist der BGH entschieden zurück. Der Zweck von § 553 Abs. 1 BGB bestehe darin, dem Mieter die Wohnung zu erhalten, an der er festhalten möchte. Die berechtigten Interessen des Mieters haben laut dem Senat grundsätzlich Vorrang vor den Interessen des Vermieters, außer wenn die beabsichtigte Gebrauchsüberlassung für den Vermieter unzumutbar wäre. Der Zweck von § 553 Abs. 1 BGB besteht laut BGH darin, dem Mieter seine Wohnung auch in Zeiten der Mobilität und Flexibilität zu erhalten, insbesondere, wenn er aus beruflichen Gründen einen doppelten Haushalt führen müsse.
Die Frage, ob die vom Mieter vorgetragene berufliche Nutzung zwingend sei oder lediglich einen „bloßen Komfortzuwachs“ darstelle, hält der BGH für unerheblich. Daher müsse der Mieter entgegen der Ansicht des Landgerichts Berlin nicht darlegen, dass er nicht auch in der Spedition übernachten könnte. Die Karlsruher Richter akzeptierten nicht das Argument des LG Berlin, die den angespannten Berliner Wohnungsmarkt als Grund für ihre wenig mieterfreundliche Rechtsauffassung angeführt hatte. Die Untervermietung sei gesetzlich anerkannt, und dass der Untermieter weniger Schutz genieße als ein regulärer Mieter, sei laut BGH vom Gesetzgeber gewollt. Etwaige unerwünschte Konsequenzen seien demnach rechtspolitischer Natur und nicht dem klagenden Mieter anzulasten.
Das Landgericht muss nun erneut über den Fall verhandeln und dabei klären, ob der Mieter die Wohnung tatsächlich weiterhin aus beruflichen Gründen nutzt.
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