Reiserücktritt wegen außergewöhnlicher Umstände

Rei­se­rück­tritt wegen außer­ge­wöhn­li­cher Umstände Foto: Adobe Stock – Daniela H.

Nicht erst zu Zei­ten von Corona hat­ten Nach­rich­ten aus Kri­sen­ge­bie­ten Aus­wir­kun­gen auf die geplante Urlaubs­reise. Doch wel­che Rechte hat man als Betrof­fe­ner, wenn am Urlaubs­ort oder auf dem Weg dort­hin außer­ge­wöhn­li­che Umstände die Erho­lung ver­hin­dern?

Was sind außer­ge­wöhn­li­che Umstände?

Außer­ge­wöhn­li­che Umstände lie­gen vor, wenn sie nicht der Kon­trolle von Rei­sen­den und Rei­se­ver­an­stal­tern unter­lie­gen und die Fol­gen sich auch nicht hät­ten ver­mei­den las­sen, wenn alle zumut­ba­ren Vor­keh­run­gen getrof­fen wor­den wären. Frü­her sprach man auch von „höhe­rer Gewalt“.

Dazu zäh­len u.a.:

  • Natur­ka­ta­stro­phen wie Vul­kan­aus­brü­che, Erd­be­ben, Wald­brände, etc. im oder in unmit­tel­ba­rer Nähe des Rei­se­ge­biets
  • Kriege und flä­chen­de­ckende poli­ti­sche Unru­hen
  • Schwere Aus­brü­che gefähr­li­cher Krank­hei­ten

Beach­ten Sie: Per­sön­li­che Ein­schät­zun­gen des Rei­sen­den, wie bspw. Angst, spie­len keine Rolle. Eine all­ge­meine Ter­ror­ge­fahr reicht nicht aus, um einen Rei­se­ver­trag ohne Kos­ten zu kün­di­gen. Eine Rei­se­war­nung des Aus­wär­ti­gen Amts ist im Falle eines Rechts­streits ein wich­ti­ges Indiz, hat jedoch keine abso­lut bin­dende Wir­kung – es kommt wie so oft auf den Ein­zel­fall an.

Was geschieht bei Rück­tritt vor Rei­se­be­ginn?

  • Vor Rei­se­be­ginn kön­nen Sie prin­zi­pi­ell jeder­zeit vom Ver­trag zurück­tre­ten. Lie­gen dabei außer­ge­wöhn­li­che Umstände vor, ver­liert der Rei­se­ver­an­stal­ter sei­nen Anspruch auf ange­mes­sene Ent­schä­di­gung (§ 651 h Abs. 3 BGB).
  • Auch der Rei­se­ver­an­stal­ter kann beim Vor­lie­gen außer­ge­wöhn­li­cher Umstände vor Rei­se­be­ginn zurück­tre­ten. Dann muss er inner­halb von 14 Tagen den Rei­se­preis ohne Abzüge erstat­ten.
  • Ein Rei­se­ver­an­stal­ter kann sei­nen Anspruch auf Ent­schä­di­gung schon vor Antritt der Fahrt ver­lie­ren, wenn laut Pro­gnose, unzu­mut­bare Risi­ken für die Durch­füh­rung der Reise beste­hen.

Aktu­elle Ent­schei­dung des BGH zum Rei­se­rück­tritt (Urteil vom 13.10.2022 – X ZR 1/​22)

Im vor­lie­gen­den Fall hat der BGH zuguns­ten einer Tou­ris­tin ent­schie­den, die im März 2020 über den damals gesperr­ten Flug­ha­fen Mai­land nach Sizi­lien hätte flie­gen sol­len. Zwar hatte ihr das Rei­se­un­ter­neh­men 10 % des Kauf­prei­ses frei­wil­lig zurück­ge­zahlt, doch klagte die Frau auf Erstat­tung des Gesamt­prei­ses nach § 651BGB. Das AG Frank­furt, das LG Frank­furt und nun auch der BGH ent­schie­den zuguns­ten der Klä­ge­rin.

Die Klä­ge­rin hatte für ca. 2500 Euro eine Bus­tour mit Hotel­über­nach­tung auf Sizi­lien gebucht. Am 18. Februar 2020 wurde ihr mit­ge­teilt, dass die für den 11. März 2020 geplante Reise mit Zwi­schen­stopp in Mai­land erfol­gen sollte. Zu die­sem Zeit­punkt hatte das Robert-​​Koch-​​Institut Mai­land zum Risi­ko­ge­biet erklärt, wes­halb die Klä­ge­rin am 8. März von der Reise zurück­trat, kurz bevor auch der Rei­se­ver­an­stal­ter die Tour absagte (und die Flug­ge­sell­schaft die Ver­bin­dung bereits gestri­chen hatte).

Zur Begrün­dung

Die Klä­ge­rin sei wirk­sam vom Ver­trag zurück­ge­tre­ten, zudem habe die Ver­an­stal­te­rin auf­grund der außer­ge­wöhn­li­chen Umstände kei­nen Anspruch auf Ent­schä­di­gung. Der BGH folgte der Argu­men­ta­tion des Land­ge­richts, dass eine erheb­li­che Beein­träch­ti­gung im Sinne von § 651 h Abs.3 BGB keine sichere Gesund­heits­ge­fahr vor­aus­setze, son­dern allein schon die Pro­gnose unzu­mut­ba­rer Risi­ken aus­rei­chend sei. Eine sol­che Lage bestand mit hin­rei­chen­der Sicher­heit schon vor dem Rück­tritt der Klä­ge­rin, da es nicht nur die War­nung des Robert-​​Koch-​​Instituts gab, son­dern auch die Flug­ge­sell­schaft den Flug bereits annul­liert hatte.

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