Rettungskostenersatz beim Wildunfall

All­ge­mei­nes

Pro Jahr ereig­nen sich rund 250.000 Wild­un­fälle auf deut­schen Stra­ßen. Dabei ist nicht jeder Unfall im Zusam­men­hang mit einem Tier in freier Wild­bahn ein Wild­un­fall. Ein Wild­un­fall liegt übli­cher­weise nur dann vor, wenn durch den Zusam­men­prall mit einem Haar­wild ein Scha­den am Fahr­zeug ent­steht. Um Haar­wild han­delt es sich bei Rehe, Hir­sche, Wild­schweine, Füchse und Hasen. Schä­den durch Kühe, Pferde, Hunde Kat­zen oder Vögel wer­den daher nicht als Wild­un­fall dekla­riert. Die hier­durch ent­stan­den Kos­ten am Fahr­zeug trägt in der Regel die Ver­si­che­rung.

Ver­si­che­rungs­tech­nisch pro­ble­ma­ti­scher liegt der Fall, wenn man durch ein Aus­weich­ma­nö­ver einen direk­ten Zusam­men­prall mit dem Wild ver­mie­den hat, gleich­wohl ein Scha­den am Fahr­zeug ein­ge­tre­ten ist (z.B., wenn man gegen eine Leit­planke gefah­ren ist). Prak­tisch han­delt es sich meist um schwer nach­weis­bare Fälle, da der Geschä­digte häu­fig allein unter­wegs ist. Ihm ste­hen folg­lich sehr beschränkte Beweis­mög­lich­kei­ten zur Ver­fü­gung. Dem Unfall­ver­ur­sa­cher bleibt dann allen­falls ein Rück­griff auf eine (falls vor­han­dene) Voll­kas­ko­ver­si­che­rung übrig. Von einer Selbst­be­tei­li­gung bleibt man dabei nicht ver­schont. Dar­über hin­aus kommt es zur Rück­stu­fung, sofern kein Rabatt­schutz oder Rabat­tret­ter exis­tiert.

 

Vor­aus­set­zun­gen zum Kos­ten­er­satz bei Aus­weich­ma­nö­ver

Das OLG Saar­brü­cken, hatte sich nun mit dem Fall eines Aus­weich­ma­nö­vers beschäf­ti­gen müs­sen und dabei Vor­aus­set­zun­gen genannt, unter denen der ein­ge­tre­tene Scha­den auf­grund eines Aus­weich­ma­nö­vers von der Ver­si­che­rung erstat­tungs­fä­hig ist.

1. Dar­le­gungs– und Beweis­last des Ver­si­che­rungs­neh­mers

Als Ver­si­che­rungs­neh­mer genügt es, wenn man die Anwe­sen­heit von Wild in naher Ent­fer­nung wahr­ge­nom­men hat und das Fahr­ver­hal­ten dem­ent­spre­chend anpasst, um eine mög­li­che Kol­li­sion zu ver­hin­dern. Das genaue Ver­hal­ten des Tie­res muss hier­bei nicht ana­ly­siert wer­den. Jedoch muss nach Beur­tei­lung der Umstände eine objek­tive Befürch­tung beste­hen, dass das Wild auf die Fahr­bahn läuft und ein Zusam­men­stoß pro­vo­zie­ren könnte. Ob das Tier auch sicher auf die Fahr­bahn lau­fen wür­den, ist dabei uner­heb­lich.

2. Reflex­hand­lung genügt als Ret­tungs­hand­lung

Für die Annahme einer Ret­tungs­hand­lung genügt es, wenn sie objek­tiv den Scha­den verhindern/​mindern soll. Ein sub­jek­tiv „bewuss­ter“ Ret­tungs­wille ist dabei nicht erfor­der­lich, d.h., dass auch Reflex­hand­lun­gen eine Ret­tungs­hand­lung dar­stel­len kön­nen (z.B. instink­tiv schnel­les Her­um­rei­ßen des Len­kers).

3. „Gebo­ten­heit“ der Ret­tungs­maß­nahme

Zudem muss das Aus­weich­ma­nö­ver gebo­ten sein. Bei der Beur­tei­lung der Gebo­ten­heit sind ins­be­son­dere Umstände wie die Größe des Tie­res, die Geschwin­dig­keit des Fahr­zeugs und ein mög­li­cher Gegen­ver­kehr zu berück­sich­ti­gen. So kann eine Gebo­ten­heit bejaht wer­den, wenn man bei erhöh­ter Geschwin­dig­keit eine Kol­li­sion mit einem grö­ße­ren Tier zu befürch­ten hat.

4. Keine voll­stän­dig über­ein­stim­men­den Aus­sa­gen sind kein Aus­schluss­grund

Sollte der Fah­rer bei dem Unfall einen Bei­fah­rer neben sich sit­zen haben, ist es kein Aus­schluss­kri­te­rium, wenn die Schil­de­rung der betei­lig­ten Per­so­nen über die Umstände gegen­über der Polizei/​Versicherung diver­gie­ren. Oft­mals erkennt der Fah­rer auf­grund der höhe­ren Auf­merk­sam­keit auf den Stra­ßen­ver­kehr die Gefahr frü­her als sein Bei­fah­rer. Zudem nimmt jeder die Sekun­den vor, wäh­rend und nach dem Unfall­ge­sche­hen unter­schied­lich wahr. Solange das Kern­ge­sche­hen der Aus­sa­gen über­ein­stimmt, ist eine Abwei­chung uner­heb­lich

 

Hin­weis:

Lie­gen die Vor­aus­set­zun­gen vor, kann der Geschä­digte nicht nur die Repa­ra­tur­kos­ten des Fahr­zeugs ersetzt ver­lan­gen, son­dern auch etwaige Schä­den an Schutz­klei­dern oder Klei­dungs­stü­cken. Das ist ins­be­son­dere dann ein­schlä­gig, wenn man mit dem Motor­rad unter­wegs ist und die Motorrad-​​Schutzkleidung und der Helm beschä­digt ist

Etwaige Bei­fah­rer haben glei­cher­ma­ßen einen Scha­dens­er­satz­an­spruch.