Verpasste Gepäckaufgabe – Kein Rücktrittsgrund von der Flugreise
Sachverhalt
Ein Ehepaar hat bei einem Reiseveranstalter eine Pauschalreise nach Kuba vom 8.02.2020 bis zum 23.02.2020 in Höhe von 3.998 Euro gebucht. In der Pauschalreise inbegriffen war ein Rail & Fly-Ticket für eine Bahnfahrt am Tag des Hinflugs zum Flughafen München. Als die zwei Reisemden am Flughafen ankamen, hatte das Boarding für den Flug nach Kuba bereits begonnen. Eine Gepäckaufgabe war für das Ehepaar nicht mehr möglich. Das Angebot, den Flug ohne Aufgabegepäck anzutreten, lehnten sie ab. Die Frau führte aus, sie sei gemeinsam mit ihrem Ehemann auf Grund einer Zugverspätung gegen 11.00 Uhr am Schalter der Fluggesellschaft eingetroffen. Da die Gepäckaufgabe bis 11:10 Uhr hätte möglich sein sollen, sei das bereits begonnene Boarding kein Grund gewesen, die Flugreise nach Kuba mit Aufgabegepäck zu weigern. Nach Ansicht des Reiseveranstalters beruhe die Nichtbeförderung ausschließlich auf der Verletzung von Mitwirkungshandlungen der Reisenden. Entgegen wiederholter Hinweise hätten die Reisenden keine, allenfalls unangemessen kurze Zeitreserven für die mehr als 400 km lange Anreise zum Flughafen eingeplant.
Verletzte Mitwirkungsobliegenheit des Ehepaars
Das Amtsgericht München hat in seinem Urteil vom 04.08.2021 (Az. 158 C 4570/20) die Klage auf Rückerstattung des Reisepreises in Höhe von fast 4000 Euro abgewiesen und dem Reiseveranstalter Recht gegeben. Obwohl die Ehefrau den Reisevertrag konkludent (d.h. durch schlüssiges Handeln) gekündigt habe, indem sie und ihr Mann die Flugreise trotz angebotener Möglichkeiten nicht angetreten haben, wurde die Kündigung als unwirksam eingestuft. Das Gericht argumentierte, dass es keinen erheblichen Reismangel gegeben habe. Bei Flugreisen seien Reisende verpflichtet, rechtzeitig am Flughafen für die Abfertigung bereitzustehen. Im Fall einer vereinbarten Bahnanreise müssten sie die Zugverbindung entsprechend planen. Die Ehefrau habe diese Pflicht verletzt, indem sie eine Zugverbindung wählte, die eine planmäßige Ankunft am Flughafen weniger als zwei Stunden vor dem Abflug vorsah.
Der Hinweis auf der Boardkarte, dass die Eheleute bei Ankunft um 11 Uhr noch 10 Minuten Zeit gehabt hätten, um ihr Gepäck aufzugeben, wurde vom Gericht ebenfalls als nicht entscheidungsrelevant eingestuft. Die Richter argumentierten, dass die Reisenden nicht davon ausgehen durften, bis zur buchstäblich letzten Minute Gelegenheit zu haben, ihr Gepäck abzugeben. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des Hinweises „nicht später als“ anstelle von „bis“. Zudem seien geringfügige Verschiebungen der Abflug- und Boardingzeiten aufgrund der Abläufe an einem großen Flughafen wie dem Münchner mit eng getakteten Zeitkorridoren und einer Vielzahl von Abflügen und Ankünften regelmäßig zu erwarten.
Sie haben Fragen zum Thema Reiserecht? Hatte ein Flug von Ihnen Verspätung und Sie möchten prüfen lasse, ob Ihnen einen Schadensersatzanspruch gegen die Fluggesellschaft zusteht? Unsere erfahrenen und kompetenten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte beraten und unterstützen Sie gerne. Melden Sie sich bei uns und vereinbaren Sie einen Termin.