Pauschalreise wegen Corona abgesagt: keine Pflicht zur Annahme von Gutschein
Die von der Bundesregierung geplante verpflichtende Gutscheinlösung bei stornierten oder ausgefallenen Pauschalreisen wurde von der Europäischen Kommission abgelehnt. Der Kunde ist daher nicht verpflichtet, einen Gutschein anzunehmen, sondern kann in den meisten Fällen die Rückzahlung des Reisepreises verlangen. Im Folgenden erläutern wir die Rechtslage, wenn Sie oder der Reiseveranstalter die gebuchte Reise storniert haben.
Was ist eine Pauschalreise?
Die Regelung gilt ausdrücklich nur bei Pauschalreisen. Das Gesetz versteht darunter die Gesamtheit von mindestens zwei verschiedenen Arten von Reiseleistungen für den Zweck derselben Reise, wie beispielsweise die Beförderung von Personen, die Beherbergung oder die Autovermietung. Klassische Pauschalreisen sind Pakete bestehend aus Flug und Hotel. Das gleiche gilt für Kreuzfahrten, die kombinierte Leistungen anbieten.
Das Gegenteil zur Pauschalreise stellt die Individualreise dar, bei welcher der Kunde die Reise bei verschiedenen Anbietern selbst zusammenstellt, z.B. Flüge und Hotel einzeln und unabhängig voneinander bucht. Hier gestaltet sich die Rechtslage komplizierter und muss bei jedem Fall gesondert geprüft werden.
Fall 1: Rücktritt durch den Reisenden
Gemäß § 651 h Abs. 1 S. 1 BGB steht dem Kunden bei einer Pauschalreise ein freies Rücktrittsrecht zu. Dieses Rücktrittsrecht ist an keinen Grund gebunden, das heißt auch wenn für den Urlaubsort keine Reisewarnung besteht, kann der Kunde aus Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus vom Vertrag zurücktreten. Ein Rücktritt kann auch schlüssig erfolgen, also etwa durch Nichterscheinen zum Reisebeginn. Ob der Rücktritt als „Stornierung“ oder „Aufhebung“ oder ähnliches bezeichnet wird, spielt dabei keine Rolle.
Reisepreiserstattung ohne Gutschein
Im Fall des Rücktritts hat der Veranstalter keinen Anspruch auf Zahlung des vereinbarten Reisepreises. Meistens wird der Kunde den Reisepreis aber bereits vollständig oder zumindest teilweise gezahlt haben. In diesem Fall besteht ein Anspruch auf Rückzahlung des Reisepreises aus § 651 h Abs. 5 BGB.
Gemäß dieser Vorschrift muss die Rückzahlung „unverzüglich“ erfolgen, spätestens jedoch innerhalb von 14 Tagen nach dem Rücktritt. Lässt der Veranstalter diese Frist verstreichen, gerät er automatisch in Verzug. Ab diesem Zeitpunkt kann sich der Kunde auch unbesorgt an einen Anwalt wenden. Aufgrund des Verzuges muss der Reiseveranstalter auch für die Anwaltskosten aufkommen.
Gutscheine muss der Kunde dabei nicht akzeptieren, auch wenn die Veranstalter dies aktuell gerne so darstellen. Die ursprünglich von der Bundesregierung geplante Gutscheinlösung wurde nun von der Europäischen Kommission abgelehnt. Gutscheine sollen vielmehr auf freiwilliger Basis erteilt und angenommen werden können.
Hat der Veranstalter ein Recht auf Entschädigung?
Grundsätzlich steht dem Veranstalter im Falle eines Rücktritts eine angemessene Entschädigung zu. Dazu enthalten die AGB der Reiseveranstalter oft entsprechende Stornoregelungen. Dies gilt gemäß § 651 h Abs. 3 S. 1 BGB jedoch dann nicht, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung der Reisenden an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen. Nach überwiegender Auffassung kann die Corona-Krise als ein solcher unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstand angesehen werden.
Einzelfallentscheidung
Jeder Fall muss jedoch einzeln beurteilt werden. Es kommt darauf an, wann die Reise storniert wurde und ob der Kunde zu diesem Zeitpunkt berechtigterweise von Beeinträchtigungen ausgehen durfte.
Fall 2: Rücktritt des Veranstalters
Tritt der Reiseveranstalter vom Vertrag zurück, ist die Rechtslage eindeutig: Im Falle der Stornierung verliert der Veranstalter gemäß § 651 h Abs. 4 S. 2 BGB seinen Anspruch auf Zahlung des Reisepreises. Hat der Kunde bereits gezahlt, hat er einen gesetzlichen Erstattungsanspruch gegen den Veranstalter. Der Veranstalter muss den Reisepreis innerhalb von 14 Tagen an den Kunden zurückzahlen. Ansonsten befindet er sich automatisch in Verzug.
Der Kunde muss keinen Gutschein und auch keine Verzögerung der Rückzahlung akzeptieren. Die Annahme eines Gutscheins erfolgt auf rein freiwilliger Basis. Natürlich kann mit dem Veranstalter auch eine einvernehmliche Lösung gefunden werden.
Fazit
Im Falle einer wegen der Corona-Krise abgesagten Pauschalreise sind die Chancen der Kunden sehr hoch, den bereits gezahlten Reisepreis zurückzuerhalten. Dies gilt sowohl im Falle der Stornierung durch den Veranstalter als auch im Falle der Kündigung durch den Kunden.
Falls Sie von einer Reisestornierung betroffen sind oder sich vorsorglich zu dem Thema informieren wollen, können Sie uns deutschlandweit gerne per Telefon oder E-Mail kontaktieren. Wir reagieren umgehend auf Ihre Anfrage und können Ihnen eine erste unverbindliche Einschätzung liefern.