Fitnessstudios und Corona: Beitragszahlungen und Kündigung

Mann und Frau auf Laufband im Fitnessstudio
Fit­ness­stu­dio – Foto: Adobe Stock/​ Kze­non

Durch die Corona-​​Pandemie erfah­ren die Men­schen in allen Berei­chen des Lebens Ein­schrän­kun­gen. Viele Sport­ein­rich­tun­gen wie Fit­ness­stu­dios muss­ten zeit­weise schlie­ßen. Viele Kun­den treibt daher die Frage um, ob sie ihren Ver­trag kün­di­gen oder sich die Bei­träge erstat­ten las­sen kön­nen. Wir geben einen Über­blick über die häu­figs­ten Fra­gen und die unter­schied­li­chen gericht­li­chen Ent­schei­dun­gen.

Darf ich mei­nen Fit­ness­stu­dio­ver­trag außer­or­dent­lich kün­di­gen?

Hier lau­tet die Ant­wort klar: Nein. Eine vor­über­ge­hende Schlie­ßung reicht für eine außer­or­dent­li­che Kün­di­gung nicht aus. Denn: Die Dienst­leis­tung kann zu einem spä­te­ren Zeit­punkt wie­der in Anspruch genom­men wer­den. Zudem liegt kein Ver­schul­den des Fit­ness­stu­dios vor. Gene­rell gibt es bei behörd­lich ver­füg­ten Schlie­ßun­gen kein Son­der­kün­di­gungs­recht.

Kann ich den Ver­trag nor­mal kün­di­gen?

Ja, der Ver­trag kann frist­ge­recht gekün­digt wer­den. Die im Ver­trag ursprüng­lich fest­ge­leg­ten Fris­ten gel­ten unver­än­dert wei­ter. Sie kön­nen also frist­ge­recht kün­di­gen und nach Ver­trags­ende die Zah­lun­gen ein­stel­len.

Ver­län­gert sich der Ver­trag durch die coro­nabe­dingte Schlie­ßung?

Viele Fit­ness­stu­dios ver­län­gern den Ver­trag um die Zeit der Schlie­ßung. Diese ein­sei­tige Ver­trags­ver­län­ge­rung wird unter­schied­lich gehand­habt: Die Ver­brau­cher­zen­tra­len erach­ten eine sol­che Ver­trags­än­de­rung ohne die Zustim­mung der ande­ren Ver­trags­par­tei als unzu­läs­sig. Das AG Tor­gau (Az.: 2 C 382/​19) hin­ge­gen sieht in der Corona-​​Pandemie eine „Stö­rung der Geschäfts­grund­lage“ nach § 313 BGB. Der Para­graf besagt, dass ein Fest­hal­ten am Ver­trag unzu­mut­bar ist, wenn sich nach Ver­trags­schluss die Umstände, die zum Ver­trags­schluss geführt haben, schwer­wie­gend ändern. Vor die­sem Hin­ter­grund sei es den Kun­den aber zumut­bar, am Ver­trag fest­zu­hal­ten und eine Ver­län­ge­rung um die Monate der Schlie­ßung zu akzep­tie­ren.

Kann ich meine Bei­trags­zah­lun­gen in den Mona­ten der Schlie­ßung ein­stel­len oder zurück­ver­lan­gen?

Prin­zi­pi­ell gilt: Wenn eine ver­ein­barte Leis­tung nicht ange­bo­ten wer­den kann, ent­fällt der Ent­gel­t­an­spruch. Juris­ten spre­chen von einer recht­li­chen Unmög­lich­keit. Für Kun­den ent­fällt damit die Pflicht, ihre Bei­träge zu zah­len (§§ 275 I, 3261 BGB).
Aller­dings wur­den die Fit­ness­stu­dios auf­grund einer behörd­li­chen Anord­nung geschlos­sen. Das LG Würz­burg (Az.: 1 HK1250/​20) hatte daher ent­schie­den, dass Kun­den kei­nen Anspruch auf Erstat­tung der Bei­träge haben.

Neu­este Recht­spre­chun­gen zu Fit­ness­stu­dios und Corona

Das Amts­ge­richt Papen­burg (Az. 3 C 337/​20) hat jedoch am 18.12.2020 zuguns­ten des Ver­brau­chers ent­schie­den. Geklagt hatte ein Mit­glied der Flamingo-​​Fitness GmbH, da es den Mit­glieds­bei­trag wäh­rend der coro­nabe­ding­ten Schlie­ßung zurück­er­stat­tet bekom­men wollte. Das AG Papen­burg gab ihm Recht. Der Kunde hat einen Anspruch gemäß §§ 346 I, 326 I u. 4, 275BGB auf Rück­er­stat­tung der im Schlie­ßungs­zeit­raum bei ihm abge­buch­ten Mit­glieds­bei­träge.
In sei­ner Ent­schei­dung stellt das AG Papen­burg klar, dass das Fit­ness­stu­dio den Rück­er­stat­tungs­an­spruch auch nicht nach § 313 BGB („Stö­rung der Geschäfts­grund­lage“, s.o.) ver­weh­ren kann. Es sei für das Fit­ness­stu­dio nicht unzu­mut­bar, das Risiko der coro­nabe­ding­ten Schlie­ßung zu tra­gen, zumal umfang­rei­che finan­zi­elle staat­li­che Hil­fen geschaf­fen wur­den, um Ein­bu­ßen aus­zu­glei­chen.

Das Amts­ge­richt Schö­ne­berg hat diese Auf­fas­sung bestä­tigt und eben­falls dem Fit­ness­stu­dio­mit­glied Recht gege­ben (Urteil vom 06.05.2021, Az. 13 C 99/​20).

Nun ist auch erst­mals ein Urteil in 2. Instanz ergan­gen, das den Anspruch auf Rück­er­stat­tung der Mit­glieds­bei­träge bestä­tigt. Das LG Osna­brück schließt sich der Ent­schei­dung des AG Papen­burg an und lehnt die durch das Fit­ness­stu­dio ein­ge­legte Beru­fung ab. Die­ses war der Ansicht, dass die ver­trag­lich geschul­dete Leis­tung, näm­lich das Zuver­fü­gung­stel­len des Stu­dios, jeder­zeit nach­ge­holt wer­den könne und ver­wies auf die auto­ma­ti­sche Ver­län­ge­rung der Ver­träge um die Dauer der Schließ­zeit. Das Land­ge­richt aber argu­men­tierte, dass es dem Fit­ness­stu­dio wäh­rend der Schlie­ßung unmög­lich war (§ 275 BGB), seine Leis­tung zu erbrin­gen. Diese Leis­tung könne auch nicht nach­ge­holt wer­den. Von daher stand dem Mit­glied ein Rück­er­stat­tungs­an­spruch gemäß § 326 Abs. 4 BGB zu. Gegen die auto­ma­ti­sche Ver­län­ge­rung der Ver­trags­lauf­zeit spre­che zudem eine feh­lende wirt­schaft­li­che Unzu­mut­bar­keit aus § 313 BGB.

Das Urteil des LG Osna­brück ist der­zeit noch nicht rechts­kräf­tig und zur Revi­sion zuge­las­sen.

+++ Aktu­elle Recht­spre­chung des BGH+++

Betrei­ber von Fit­ness­stu­dios sind zur Rück­zah­lung von Mit­glieds­bei­trä­gen ver­pflich­tet, wel­che sie in der Zeit der coro­nabe­ding­ten Schlie­ßun­gen von Kun­den per Last­schrift ein­ge­zo­gen haben. Das hat der Bun­des­ge­richts­hofs (BGH) in sei­nem aktu­el­len Urteil ent­schie­den (Urt. v. 04.05.2022, Az. XII ZR 64/​21). Zudem habe das Fit­ness­stu­dio kein Recht, die Wochen der Schlie­ßung an die Ver­trags­lauf­zeit anzu­hän­gen.

Gut­schein­lö­sung

Viele Fit­ness­stu­dios bie­ten ihren Kun­den auch Gut­scheine für die Zeit der Schlie­ßung an. Dies ist zuläs­sig, da der Gesetz­ge­ber ein Gesetz „zur Abmil­de­rung der Fol­gen der COVID-​​19-​​Pandemie im Ver­an­stal­tungs­ver­trags­recht“ erlas­sen hat, um u.a. die wirt­schaft­lich ver­hee­ren­den Fol­gen für viele Händler/​ Unter­neh­mer o.ä. etwas abzu­fan­gen. Dem­nach ist der Betrei­ber einer Sport­ein­rich­tung nach Art. 240 § 5 Abs. 2 EGBGB berech­tigt, anstelle einer Erstat­tung des Ent­gelts einen Gut­schein zu über­ge­ben. Der Inha­ber des Gut­scheins kann die Aus­zah­lung des Wer­tes nur ver­lan­gen, wenn

  • der Ver­weis auf einen Gut­schein für ihn ange­sichts sei­ner per­sön­li­chen Lebens­um­stände unzu­mut­bar ist oder
  • er den Gut­schein bis zum 31.12.2021 nicht ein­ge­löst hat.

Löst der Inha­ber den Gut­schein nicht ein, kann er also nach dem 31.12.2021 die Aus­zah­lung des Wer­tes des Gut­scheins von dem Stu­dio­be­trei­ber ver­lan­gen.

Sie haben Fra­gen rund um das Thema Bei­trags­zah­lun­gen und Kün­di­gung von Fit­ness­stu­dios wäh­rend der Corona-​​Pandemie? Dann kon­tak­tie­ren Sie uns per E-​​Mail info@​gc-​kanzlei.​de oder tele­fo­nisch 06131 950090

Wei­tere Infor­ma­tio­nen fin­den Sie auch in unse­rem Arti­kel: Kün­di­gung Fit­ness­stu­dio bei Krank­heit.

Kom­men­tare

  • Patrick Hundt

    Neben der Pro­ble­ma­tik von mona­te­lan­gen Schlies­sun­gen in Fit­ness­stu­dios liegt bei mir noch ein Son­der­fall vor: Wäh­rend des letz­ten Win­ter­lock­downs (ab Nov.) hat mein Stu­dio die Filiale geschlos­sen, ohne uns zu infor­mie­ren. Nur zufäl­lig erfuhr ich auf der Web­seite dass dies statt­fand. Im Früh­jahr bekam ich dann von der neuen Betriebs­lei­te­rin einen Anruf indem ich über die Ände­rung offi­zi­ell infor­miert wurde, meine Nach­frage war sofort ob es hier auch eine Sauna gäbe (war in der alten Filiale vor­han­den und für mich wich­ti­ger Ver­trags­be­stand­teil), diese wurde ver­neint, man würde daran abrei­ten eine ein­zu­rich­ten. Heute erfahre ich das eine Sauna vom Bau­amt nicht geneh­migt wurde, für mich ein Grund den Ver­trag nicht wei­ter zu ver­län­gern und aus­ser­or­dent­lich zu kün­di­gen (§313 Stö­rung der Geschäfts­grund­lage). Wie muss ich hier vor­ge­hen? Od. muss ich nach § 323 eine Frist set­zen die Sauna ein­zu­bauen damit mein Ver­trag erfüllt wer­den kann und ich nach Nicht­er­fül­lung somit zur Kün­di­gung berech­tigt bin? ps: Zu kei­nem Zeit­punkt gab es irgend­wel­che schriftl. Bescheide über den Wech­sel und Ver­än­de­rung von Alt– zu Neu­fi­liale.

    13. Sep­tem­ber 2021 um 12:25 Uhr | Ant­wor­ten
    • Verena Rumpf

      Sehr geehr­ter Herr Hundt,

      bitte sen­den Sie Ihre Anfrage an unsere Info-​​Adresse info@​gc-​kanzlei.​de. Vie­len Dank!

      13. Sep­tem­ber 2021 um 20:50 Uhr | Ant­wor­ten

Hin­ter­lasse einen Kom­men­tar

Deine E-​​Mail-​​Adresse wird nicht ver­öf­fent­licht. Erfor­der­li­che Fel­der sind mit * mar­kiert.